Bereits in der Stummfilmära des Deutschen Expressionismus wusste man um die Macht der Musik, und so führte F.W. Murnau sein Meisterwerk „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ nicht etwa im Stillen auf, sondern ließ den Film von einem Orchester begleiten. Die Musik dazu komponierte Hans Erdmann. Dieser schuf mit disharmonischen und nichtlinearen Klängen eine Referenz für künftige Generationen. Ein guter Horrorfilm Soundtrack hat etwas verstörendes und unwiderstehliches zugleich. Wie der Sang einer Sirene betört und fesselt er uns, obwohl der Körper im Alarmzustand ist. Um diese Kunstform zu würdigen, hörte ich mir in den vergangenen Wochen Soundtracks von unzähligen bekannten sowie unbekannten Genrebeiträgen an und habe daraus die meiner Meinung nach zehn besten aufgelistet. Dabei befolgte ich folgende Regel: Jeder Komponist darf nur einmal genannt werden und wird entsprechend seines Referenztitels platziert.
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Freitag der 13 (1980)
„Ki Ki Ki … Ma Ma Ma“ - In einem Film der erst gegen Ende hin auflöst wer die Jugendlichen im „Camp Crystal Lake“ getötet hat, sind diese Klänge ein wichtiger Aspekt um in den Kopf dieser Person blicken zu können. Stets unterbrechen sie die hektische Musik, kurz bevor jemand das Zeitliche segnet. Manfredini vermittelt dadurch, dass diese Person von etwas getrieben wird und Ruhe und Klarheit nur im Moment kurz vor der Mordtat findet. Mit diesem Geniestreich erreichte Manfredini schon früh den Zenit seiner Karriere. Zwar schrieb er auch die Musik für zahlreiche weitere Filme („Das Ding aus dem Sumpf“, „Wishmaster“, …), schaffte es allerdings nicht an seinen früheren Erfolg anzuknüpfen. Dafür garantiert die Langlebigkeit des „Freitag der 13.“ Franchise, dass sein Name wohl auf ewig unvergessen bleibt.
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Der Todesking (1989)
„Der Todesking“ ist ein Episodenfilm des deutschen Regisseurs Jörg Buttgereit in dem sieben Todesarten, in einzelnen Folgen, je einem Tag zugeordnet werden. Verknüpft werden diese Geschichten durch den mythologischen Todesking, der für die Todessehnsucht im Menschen verantwortlich ist. Der Berliner Bernd Daktari Lorenz schrieb für diesen Film das Titellied: „Die Fahrt ins Reich der Menschentrümmer“. Dieses Stück wird von zwei Stimmungen beherrscht. Im Hintergrund steht eine ständige Disharmonie für die Unausweichlichkeit des Todes, während im Vordergrund ein musikalischer Kampf zwischen Optimismus und Melancholie tobt, in dem die Melancholie langsam die Oberhand gewinnt, gegen Ende hin allerdings völlig verstummt und dem Tod den Platz überlässt, ehe vollkommene Stille einsetzt – Ein Meisterwerk!
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The Witch (2015)
Robert Eggers Debütwerk „The Witch“ war der Überraschungshit der Festivalsaison im Jahr 2015. Einen großen Anteil daran hatte der Komponist Mark Korven. Ihm gelang es die Eintönigkeit des puritanischen Lebens des 17. Jahrhunderts in Neu-England musikalisch mit Leben zu füllen. Dabei spiegelt sein Soundtrack sowohl die Abgeschiedenheit mit der die handelnden Person zu kämpfen haben als auch die ständige Bedrohung die aus den Wäldern zu kommen droht wider. Was mit der falschen Musik eine triste Angelegenheit hätte werden können, wurde dank den richtigen Klängen zu einem wahrhaften Prunkstück und zur Wohl besten cineastischen Darstellung von Hexerei in der Frühen Neuzeit.
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The Neon Demon (2016)
Nicolas Winding Refns Film „The Neon Demon“ hat einen besonderen Platz in meinem Herzen. In einer Zeit der substanzlosen Filme, schaffte er es jene Elemente die ich an Horrorfilmen der Vergangenheit wertschätze für das 21. Jahrhundert zu adaptieren. So hat dieses Werk für mich den Glanz einer modernisierten Version eines Dario Argento Films, ohne dabei wie eine billige Kopie zu wirken. Dazu gehört freilich auch der passende Soundtrack, und Komponist Cliff Martinez ist für Refn was die Band „Goblin“ für Argento ist. Der elektronische Soundtrack geht dank seiner Basslastigkeit durch Mark und Bein, sorgt durch seine Disharmonie für Gänsehaut und bewegt sich oftmals nah an der Grenze zwischen Musik und Noise. Sehr passend für einen Film in dem Models als moderne Hexen durch den Glanz von Blitzlichtgewitter und Neonlicht schreiten.
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Der weiße Hai (1975)
Gäbe es einen Soundtrack für Hollywood, John Williams würde ihn komponieren. „Jurassic Park“, „Jäger des verlorenen Schatzes“, „Superman“ und „Krieg der Sterne“ sind nur eine kleine Auswahl an Filmen zu denen er die unvergessliche und grandiose musikalische Untermalung kreierte. Seine Arbeit in verschiedensten Genres zeugt von der Vielseitigkeit seines Genies und 1975 drückte er mit seiner oscarprämierten Arbeit an „der weiße Hai“ auch dem Horrorfilm seinen Stempel auf. Wenn die sich langsam steigernde, minimalistische Musik erklingt, zu der der Hai im Film seiner Beute nachsetzt, fürchten sich noch heute Menschen davor den Schutz bietenden Strand für das Meer zu verlassen, denn eines ist gewiss: Der nächste Hai ist nie weit entfernt.
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It Follows (2014)
Hätten Claudio Simonetti (Goblin) und John Carpenter ein gemeinsames Kind, es wäre wohl Rich Vreeland, der unter seinem Künstlernamen Disasterpeace den Soundtrack zum modernen Horror-Meisterwerk „It Follows“ komponierte. Der Film selbst wirkt zeitlos, verzichtet auf billige „Jump Scares“ und erzeugt dadurch eine einzigartige Atmosphäre abseits des Mainstream Horrors des 21. Jahrhunderts. All diese Elemente zeigen sich auch in Vreelands Score. Dieser ist zwar deutlich von den Meistern der 70er und 80er Jahre inspiriert, verfügt aber über genügend Eigenheiten um unverwechselbar zu diesem Film zu gehören. „It Follows“ ist dadurch einer der wenigen Horrorfilme der Zehnerjahre die über einen unverkennbaren Soundtrack verfügen.
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The Fog – Nebel des Grauens (1980)
John Carpenter ist ein wahres Multitalent: Produzent, Regisseur, Drehbuchautor und Komponist. Es gibt kaum einen Beruf im Filmbiz den er nicht selbst ausübt. Für viele gilt der 1978 erschienene Slasherklassiker „Halloween“ als sein Referenzwerk, für mich jedoch trifft sein zwei Jahre darauf erschienener Film „The Fog – Nebel des Grauens“ auf diese Bezeichnung zu. Bereits als Kind faszinierten mich seine gemächliche Erzählstruktur und die Legende um das Unheil das der Nebel mit sich trägt. Es ist eine grandiose Schauergeschichte die durch ihren atmosphärischen Soundtrack umso gruseliger wirkt. Ähnlich wie der Nebel legt sich auch Carpenters Filmmusik bedächtig und geruhsam über die Welt, ehe sie einem vollends in ihren Besitz nimmt. Wenn ein Soundtrack als Analogie für die treibende Kraft in diesem Film (Nebel) verwendet werden kann, dann hat man als Komponist etwas richtig gemacht.
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Brennende Rache (1981)
Der „Freitag der 13.“ Klon „Brennende Rache“ geriet in den letzten Jahrzehnten, zu Unrecht, etwas in Vergessenheit und ist heute nur noch eingefleischten Slasherfans ein Begriff. Das obwohl man den britischen Klavier- und Keyboard-Virtuosen Rick Wakeman als Komponisten gewinnen konnte. Wakeman schuf einen Score der zunächst für einen Horrorfilm wie ein Stilbruch wirkt. Obwohl er nichtlineare Elemente beinhaltet, wirkt er doch eher harmonisch und fühlt sich mehr nach Aufbruchsstimmung denn Menschenjagd an. Ein Widerspruch zwischen Musik und Film der aber im großen Ganzen doch irgendwie funktioniert und die Qualität von „Brennende Rache“ eindeutig hebt. Ein musikalisches Meisterstück, das sich einen populäreren Film verdient hätte.
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Über dem Jenseits (1981)
„Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“, „Ein Zombie hing am Glockenseil“, „Amulett des Bösen“, … wann immer Fabio Frizzis Musik auf die Bildgewalt der Horrorlegende Lucio Fulci traf, ergab dies eine magische Symbiose. Diese fand, meiner Meinung nach, ihren Höhepunkt in „Über dem Jenseits“. Der Film selbst lässt zwar nur einen äußerst dünnen roten Faden erkennen, überzeugt aber durch seine Ästhetik sowie Atmosphäre. Frizzis herausragender Score unterstützt diese Vorzüge nicht nur, sondern ist auch ein Stück weit Orientierungshilfe durch Fulcis meisterliches Chaos. Sie folgt einer einheitlichen Melodie die von einem unwiderstehlichen Choral getragen wird, aber wandlungsfähig genug ist um das breite Schreckensspektrum dieses Films abzudecken. Sollten sich dereinst die Tore zur Hölle öffnen, ist davon auszugehen, dass die Begleitmusik dazu von Fabio Frizzi stammt.
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Suspiria (1977)
Wenn im Hintergrund leise eine Spieluhr ertönt und eine unheimliche Stimme in ihre Melodie mit einstimmt; all das während die junge Jessica Harper in der Tanz Akademie zu Freiburg um ihr Leben bangen muss, ist man Zeuge von Dario Argentos Magnum Opus „Suspiria“, das für mich unangefochten als bester Horrorfilm aller Zeiten gilt. Ein nahezu perfekter Film mit einem makellosen Soundtrack von Claudio Simonetti und seiner Band Goblin. Kein anderes Stück Musik aus dem Bereich des Horrorfilms hat mich je so bewegt. Es ist ein Soundtrack den ich fast täglich höre und der mich immer noch so sehr in seinen Bann zieht wie beim ersten Mal. Schon alleine der Gedanke daran reicht um bei mir für Gänsehaut zu sorgen. „Suspiria“ ist in seiner Gänze eines jener Meisterwerke ohne die die Welt ein Stück ärmer wäre. Die Musik von Goblin trägt ihres dazu bei … fast so als wäre es tatsächlich Hexenwerk.