Diagonale
Diagonale 2010 – Klappe die Erste

Diagonale 2010 – Klappe die Erste

Bericht vom ersten Festivalstag der Diagonale.
von mau
Ganz aufgeregt, was die Diagonale dieses Jahr zu beiten hat, mach ich mich auf ins Kino. Auch die Aussicht auf 6 Sichtungen bis spät in die Nacht trübt meine Freude nicht.

Es war schön, mit „Nairobi Love Story“ von Maria Weber den Tag zu beginnen. Beleuchtet der Film nicht nur das tägliche Leben in Nairobi und die Rivalitäten zwischen den unzähligen, dort ansässigen Stämmen, sondern vor allem die große Liebe zwischen Eric und Margareth. Mithilfe der Großaufnahmen der Gesichter der Protagonisten und stimmunsvollen Bildern vom Singen und Tanzen während des Gospel-Gottesdienstes erfährt man wieder etwas von Lebensfreude. Neben der wunderbaren Liebesgeschichte, erzählt Maria Weber von den Emanzipationsversuchen der Frauen vor Ort. Trotz der Leichtigkeit des Films transportiert er einen Eindruck in das Leben in Nairobi.

Domaine“ von Patric Chiha ist ein typisch französicher Film, in dem viel Wein getrunken wird und die Liebe eine große Rolle spielt. Es geht um die enge Beziehung des 17-jährigen Erics zu seiner imposanten Tante Nadia. Es geht um Alkoholismus und das Entdecken der Sexualität, Schuldzuweisungen, Opferung und Abnabelungsprozesse. Alles interessante Themen, die der Film aber nicht in der nötigen Komplexität zu zeigen schafft. Trostpflaster: die Musik. Da war mir „Dust“ von Max Jacoby um einiges lieber. Der Film kommt mit nur drei Schauspielern, einer schönen Landschaft und einem menschenleeren Luxemburg aus. Die menschenleere Welt ist das Setting, in dem sich die Dreiecksbeziehung zwischen den Zwillingen Elodie und Elias und Gabriel, der sich in Elodie verliebt, abspielt. Der Regisseur May Jacoby erzählte in der anschließenden Diskussion vom 2 Millionen Budget, das als durchschnittlich für ein Erstlingswerk in Luxemburg bezeichnet wird; und von den Schwierigkeiten ganz Luxemburg für ein paar Stunden zu evakuieren. Er gesteht uns auch, dass der Stoff einem Traum entstammt und dass nicht alles im Film zu erklären ist. Der Film soll als das gesehen werden, was er ist: eine Traumsequenz.

Ganz im Gegensatz dazu standen die Dokumentationen „Himmelwärts“ von Jacqueline Kornmüller und „Heim ist nicht Daheim“ von Julia Laggner. Erstere zeigt den 84-jährigen Pater Hartmann, der in seinem hohen Alter noch immer seinen Pflichten gottesgläubig und mit großer Sorgfalt nachgeht. Es wird das Bild eines liebenswürdigen und hoch geschätzten Vertreters der Kirche ganz privat gezeigt. Ebenso lebt auch „Heim ist nicht Daheim“ nicht von seiner filmischen Umsetzung, sondern von den ProtagonistInnen. Die sind nämlich richtige Unikate, die sich im hohen Alter noch verlieben und Witze über den Tod machen. Leider wird an manchen Stellen der Verfall und die Traurigkeit der Heiminsassen ausgeblendet.

Einen grauenvollen Abschluss fand der erste Abend mit den Schockern „Catafalque“ von Christoph Rainer und „Rammbock“ von Marvin Kren. Christoph Rainer schafft es innerhalb der 12 Minuten ein Grauen zu hinterlassen, das so schnell nicht wieder zu vergessen ist. Er zeigt, nein, er deutet es nur an: Gewalt in der Familie. Zwei Brüder verstecken sich vor ihrem Vater im Keller, das Licht fällt aus, die Kellertür geht auf und dann sieht man nur mehr Silhoutten, Lichtblitze und hört eine mit Blut überströmte Spieluhr. Grausam, weil es Realität ist. Auch die Zombies in Marvin Krens sind furchteinflößend, aber das Grauen wird relativiert, weil der Film durch die Protagonisten immer wieder ins Komödiantische abdriftet. Der Ganze Saal spendete ausgiebig Applaus. Auch für die Gegner von Horrorfilmen und Zombies ein empfehlenswerter Film. Wenn alle Horrorfilme (teils) made by Austria so lustig und gut sind, hoff ich in Zukunft mehr davon zu sehen.

Das Experimentalfilmprogramm 2 um 23 Uhr hätte ich mir ersparen können; vielleicht lag es aber an den sechs Stunden Kino zuvor und der vorangeschrittenen Zeit, dass ich damit gar nichts anfangen konnte.

So und schon ist der erste Tag vorbei.

Die Autorin
mau

Forum

  • rammbock

    ja der film war super.
    hm, hätt i gwusst dass uncut auch dabei war, hätt ich mit euch auch gredet. naja, vl beim nächsten mal :) wünsch dir noch viel spaß auf der diagonale, vl sieht man sich ja noch wo
    bbb3_56b424993e.jpg
    19.03.2010, 10:34 Uhr
    • CU

      Ja, vielleicht sieht man sich ;)
      Heute zum Beispiel beim Film „South“ im KIZ RoyalKino ...
      uncut_4fd94f1238.jpg
      19.03.2010, 11:08 Uhr