Filmkritik zu Rumours

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Der witzigste und surrealste Trip aus dem Leben von Spitzenpolitikern

    Exklusiv für Uncut aus Cannes 2024
    In „Rumours“, der auf den diesjährigen Filmfestspielen außer Konkurrenz gezeigt wird, geht es der politischen Elite der G7-Staaten an den Kragen. Statt platte Politikverdrossenheit ins Kino zu bringen, bestimmt Zynismus das Geschehen. Der geplante Abend, an dem die sieben Politiker Lösungsstrategien ausarbeiten wollen, um eine globale Krise abzuwenden, mündet schnell in einem chaotischen wie surrealen Trip quer durch die schwarzen Wälder, in denen sich die Gruppe leicht verirrt.

    Darum geht’s: Die Anführer der G7-Staaten treffen sich im deutschen Dankerode. Cate Blanchett (Deutschland), Denis Ménochet (Frankreich), Nikki Amuka-Bird (Großbritannien), Charles Dance (Amerika), Takehiro Hira (Japan) und Rolando Ravello (Italien) sollen Lösungsansätze für die drängenden Probleme unserer Zeit erarbeiten und eine vorläufige Erklärung dazu abgeben. Als plötzlich das gesamte Personal verschwindet, sind die Spitzenpolitiker auf sich allein gestellt und der Abend verläuft völlig anders als geplant. Dunkle Wesen im Wald verstärken zusätzlich die ohnehin schon verängstigte Stimmung.

    Zynische Politikverdrossenheit im Kino

    Filme, in denen Politiker mal zynisch, mal lächerlich durch den Dreck gezogen werden, sind beileibe keine neue Erfindung, „Idiocracy“ oder auch „Der Diktator“ kommen direkt in Erinnerung. Nicht selten bleibt es aber meist bei einer recht stumpfen oder humoristisch platten Auseinandersetzung, intelligente Produktionen sind da schon rarer. „Rumours“, der nicht nur einen, sondern direkt sieben Politiker aufs Korn nimmt, gibt sich die erste Zeit jedoch alle Mühe, um nicht der Plattheit zu verfallen. Die Figuren, angefangen von Cate Blanchett als Repräsentantin aus Deutschland, es muss wohl nicht dazugesagt werden, an wen diese Figur angelehnt ist, vereinen zwar genug Stereotype, aber zumindest auch einen kleinen Grad an Professionalität. In Gruppen aufgeteilt, folgt die Erarbeitung pragmatischer Lösungen, um die Welt ein Stück besser zu machen. Die Hausaufgaben wurden dabei nur bedingt gemacht, doch wer könnte es ihnen verübeln, schließlich ist die Herausforderung, das ganze globale System in seiner Komplexität zu ergründen, alles andere als einfach. Mit Schlagworten wird dann gearbeitet, um den kleinen Bürgern etwas Hoffnung in Aussicht zu stellen - die Zynik in Hinblick auf die reale Welt ist kaum zu übertreffen.

    G7, die Bilderberg-Konferenz und weitere politische Zusammenkünfte, sorgen nicht selten für viel Spekulationen. Tendenzen zu Verschwörungstheorien sind stets immanent, es mag wohl auch an schnittigen Zitaten liegen, die in vielen Köpfen nachhallen. Nur um ein Beispiel zu nennen: „Some men just want to watch the world burn.“ Doch lasst euch nicht täuschen: Es handelt sich nicht um einen politisch hochaufgeladenen Spruch, sondern „nur“ um ein Zitat aus „The Dark Knight“. Hollywood hat einfach einen guten ideologischen Job gemacht. Die Akteure in „Rumours“ bekommen dagegen schon deutlich mehr realistisches Profil, keiner will hier die Welt in Flammen sehen und wenn dies doch passiert, dann war es nur ein Unfall. Immer wieder sorgen solche Momente für jede Menge Gelächter, besonders auch dann, wenn menschliche Bedürfnisse befriedigt werden wollen.

    Wie könnte es für eine Produktion aus 2023/2024 anders aussehen, werden natürlich auch Themen wie Künstliche Intelligenz aufgegriffen. Das ist zwar wiederum recht platt gehalten und hätte in Hinblick auf das humoristische Potential noch mehr Fingerspitzengefühl erfordert. „Rumours“ hat demnach immer mal kleine Problemchen, das Level an Spitzfindigkeit auf einem stabilen Level zu halten. Stattdessen schlängelt sich die Narrative wie die Politiker im schwarzen Wald umher, bis sie hin und da vom Pfad abkommt. Nachdem surreale Nebenquests überwunden werden, kommt die Gruppe jedoch an ihrem Ziel an. Die Zynik, mit der gelungene Seitenhiebe gegen unfähige, träge und infantile Politiker ausgeteilt wird, kann sich jedoch echt sehen lassen.
    4d4a6164_klein_1219e75b28.jpg
    (Michael Gasch)
    23.05.2024
    14:59 Uhr