Filmkritik zu The Palace

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  • Bewertung

    Eigentümlicher Humor von Roman Polanski

    Exklusiv für Uncut von den Filmfestspielen in Venedig
    Der polnische Regisseur Roman Polanski steht für nicht gerade wenig. Von „Chinatown“ (Krimi) über „Der Pianist“ (Kriegsfilm) bis hin zu „Rosemarys Baby“ (Horror) und „Der Gott des Gemetzels“ (Drama-Komödie) ist sein Werk kunterbunt und in nicht wenigen Fällen herausragend. Mit „The Palace“ ist er erneut im Genre der Komödien angekommen, eine Entscheidung, an der sich gerade viele Pressestimmen stören.

    Die Jahrtausendwende steht vor der Tür und wie jedes Jahr lädt das prestigeträchtige Palace-Hotel, hoch oben in den verschneiten Bergen, die Reichen zu einem spektakulären Silvesterabend mit jeder Menge Champagner, Luxus und großem Feuerwerk ein. Hotelmanager Hansueli Kopf (Oliver Massuci) betont vor seinem Personal dabei immer wieder: Alles muss an diesem Abend perfekt laufen. Als die High-Society eintrifft, ergeben sich jedoch direkt Probleme, unter anderem bei dem seltsamen Dr. Lima (Joaquim de Almeida), dem exzentrischen Bill Crush (Mickey Rourke) und dem älteren Snob Arthur William Dallas III (John Cleese). Es steht schnell fest - dieser Abend wird definitiv nicht perfekt ablaufen.

    Im Subgenre der Hotelfilme gibt es schon große Werke. Die Range ist dabei nicht gerade klein, reiht man beispielsweise „The Grande Budapest Hotel“ (Wes Anderson), „Four Rooms“ (u.a. Quentin Tarantino) und „Guest House Paradiso“ (Ade Edmondson) nebeneinander. Eine Schnittmenge ist jedoch vorhanden - Humor ist immer dabei, entweder dunkelschwarz oder eben in leicht-sachten Farbtönen von Wes Anderson. Polanskis Werk ist da keine Ausnahme, es handelt sich ebenso um eine Komödie, die jedoch einen sehr eigenartigen Humor mitbringt.

    In der Zeit steckengeblieben, erweckt „The Palace“ schon einen seltsamen Eindruck. Ein Hund kopuliert mit einem Pinguin, ein Herr stirbt beim Lustspiel, eine Figur gibt eine auffällig ähnliche Version von Donald Trump ab, die nicht exzentrischer und ulkiger ausfallen könnte. Es kommt immer wieder die gleiche Frage auf: Entspricht das wirklich dem Humor vor 23 Jahren? Zu platt, zu unterirdisch fällt dieser hier aus, daran würde man sich doch erinnern. Es erweckt vor diesem Hintergrund fast schon den Eindruck, als wäre der Film vor einer kleinen Ewigkeit entstanden. Anschließend wurde er vergraben, bis Roman Polanski Jahrzehnte später darauf stieß. Jetzt lässt er das alte Relikt mit jeder Menge Altherrenhumor auf die Welt los.

    Dass inzwischen Filme herausgekommen sind, in denen die Elite (die da oben) ordentlich durch den Kakao gezogen wird und das Fußvolk sich an diesen zynischen Spott laben kann, spielt Polanski nicht in die Karten. Während beispielsweise „The Menu“ oder „Triangle of Sadness“ clever mit dem Motiv der Elitenkritik umgingen, stellt sich Polanski diesem Anspruch zu keiner Zeit. Stattdessen bedient er sich an den simpelsten Tricks und Karikaturen, bei denen sich zu keiner Zeit ein schön anfühlender Spott einstellt. Auch John Cleese als Abziehbild seiner selbst muss dafür herhalten, obgleich er sich in den sehenswerten Monty Python-Filmen verewigt hat. Um der überladenen Torte eine Kirsche zu verpassen, wird nicht zuletzt gerade „Triangle of Sadness“ in vereinzelten Szenen noch kopiert. Es macht das Festmahl fast gänzlich ungenießbar.

    Roman Polanskis Humor ist in „The Palace“ (vielleicht sein letztes Werk) viel zu gefällig, anspruchslos und in jedem Fall schwer verdaulich. Vereinzelte Momente, in denen sich kurze Lacher anbieten, machen den Braten letztlich auch nicht fett. Dafür fehlt es einfach an Pepp und Schwung, an Cleverness und Kantigkeit und nicht zuletzt auch an dem Geschick, die Geschichte so zu biegen, dass unvergessliche Momente wie in „Four Rooms“ im Gedächtnis bleiben.
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    (Michael Gasch)
    05.09.2023
    22:28 Uhr