Filmkritik zu Hit the Road

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  • Bewertung

    Roadtrip mit tragischen Hintergrund

    Exklusiv für Uncut vom Karlovy Vary Film Festival
    Manchmal quitschfidel, manchmal angespannt und deprimierend, ist Panah Panahis Film ein weiteres Beispiel für die reiche Filmkultur des Irans. Sein Roadtrip einer vierköpfigen Familie, deren Ziel ein düsteres Geheimnis in sich birgt, wurde beim Karlovy Vary Film Festival in der Sektion „Horizons“ aufgeführt. Zuvor hatte das Werk bereits bei der Director’s Fortnight in Cannes begeistert.

    Panahis, dessen Debütfilm dies ist, stammt aus einer Filmemacher-Familie und hatte bereits für seinen Vater Jafar Panahi als Cutter und Regieassistenz gearbeitet. Sein Film setzt sich ebenfalls kritisch mit den Zuständen in seinem Heimatland auseinander. Ein Vater (Hassan Madjooni), dessen Frau (Pantea Panahiha), sowie die beiden Söhne (Amin Simiaiar und Rayan Sarlak) fahren durch das iranische Hinterland. Der Vater, in Gips, hat stoisch und stets mit einer sarkastischen Aussage auf den Lippen auf den Rücksitz Platz genommen. Sein jüngerer Sohn (Sarlak) lässt an ihm seine Energie aus, hüpft im Auto umher und beschwert sich, dass er nicht sein Handy mitnehmen darf, um seine Freundin anzurufen. Die Mutter hadert offensichtlich mit inneren Dämonen, möchte den jüngeren Sohn unterhalten und dem älteren besondere Aufmerksamkeit schenken. Der ältere Sohn, der das Auto fährt ist kalt, distanziert und in seiner eigenen Welt versunken.

    Panahi schafft es sehr schnell, mit wenigen Szenen die Dynamik zwischen den Figuren zu entwickeln, die Gemeinschaft, aber auch die Strapazen. Fast könnte man meinen, hier bei einer gewöhnlichen Familie im Auto zu sitzen, wenn da nicht die ständige Angst wäre, die Mission könnte auffliegen. Denn so viel ist klar, nicht alle werden wieder mit nach Hause kommen, wenn die Reise vorbei ist. Panahi setzt die Reise dorthin mit viel Gefühl um, konzentriert sich auf kleine filmische Details, auf die Schönheit der Landschaft, und die kleinen menschlichen Interaktionen, die den Film beleben. Wenn der jüngere Sohn etwa auf dem aufgemalten Klavier auf dem Gips seines Vaters symbolisch spielt, dann begleitet ihn der Soundtrack musikalisch.

    Das Zentrum der Handlung ist oft die Aufgewecktheit des kleinen Jungen. Sein Wandel vom unbekümmerten Kind zum jemanden, der seine ersten Blicke in die Erwachsenenwelt erhält, spannen einen runden Handlungsbogen. So ist nicht nur klar, dass der Familienhund Jessie kurz vor dem Tod steht, sondern auch, dass sie nicht umsonst ins Grenzgebiet des Irans zur Türkei gekommen sind.

    Panahi gelingt hier, ein ernstes Thema aus der Sicht einer Familie zu erzählen, in die sich viele mit ihren Problematiken und Herausforderungen hineinversetzen können. Die schwerwiegende Realität der Situation wechselt sich ab mit bunter Fantasie, komödiantischen Einlagen oder etwa auch mit dem Phantasieren über die Qualität von Batmans Batmobil. Ein Film, dessen Synergien sowohl die leichtfüßigen, aber auch dramatischen Momente zu vereinen wissen.
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    (Susanne Gottlieb)
    08.10.2021
    21:51 Uhr
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