Filmkritik zu The Bar

Bilder: Filmverleih Fotos: Filmverleih
  • Bewertung

    Unterhaltsame Horrorkomödie nach Schema F

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2017
    Ob er sich von John Carpenter habe inspirieren lassen, wollte ein Journalist bei der Pressekonferenz wissen. Nein, meinte Regisseur Álex de la Iglesia, das sei seine eigene Idee gewesen. Ganz verübeln kann man dem Journalisten die Parallele jedoch nicht. „El Bar“ ist nicht der klassische Kopffilm, den man auf einem Filmfestival erwartet. Vielmehr ist er ein weiterer Eintrag in das traditionsreiche Kino der Horrorkomödie, gespickt mit Body Horror und Thriller Elementen. Und macht dabei auch noch verdammt viel Spaß.

    Es ist eine bunt gemischte Truppe, die sich in der schäbigen Bar von Amparo einfindet. Sämtliche Archetypen der Charaktereinteilung tummeln sich auf den wenigen Quadratmetern. Die junge und überheblich wirkende Frau, die eigentlich einsam und nobel ist (Elena), der Hipster, der im Laufe des Filmes zum Testosteronabziehbild und Anführer wird (Nacho), die blass bleibende, Panik schiebende Frau mittleren Alters (Trini), der unscheinbare Angestellte, der ein ziemlicher Angsthase ist (Satur), der durchgedrehte, aber ehrliche Obdachlose (Israel), die resolute Herrin des Hauses, die nur an sich selbst denkt (Amparo), der feine Herr mit heimlichen Vorlieben (Andrés) und der aggressive herrische Typ (Sergio).

    Diese Figuren müssen nach Schüssen auf der Straße miteinander in der Bar ausharren. Als sie merken, dass sie nicht einfach so wieder lebend dort rauskommen werden, beginnt ein tödlicher Kampf um am Leben zu bleiben. Das tief verwurzelte Innerste eines jeden Charakters, der Überlebensinstinkt, tritt an die Oberfläche und offenbart eines jeden dunkle Seite. Der Unterhaltungswert der darauffolgenden Ereignisse ist nicht als seichte Story inszeniert. De la Iglesia spielt auch mit tiefgründigen Themen. Er habe sich besonders mit dem Thema der Einsperrung auseinandersetzen wollen. Das Leben sei eine solche Einsperrung und es läge am einzelnen, daraus auszubrechen. Durch diese biete sich die Möglichkeit, die Hintergründe und den Wandel der Charaktere genauer zu beleuchten.

    Um ihr Leben zu retten, versucht die Gruppe in der Kanalisation zu entkommen. Es ist in den Tiefen dieser symbolischen Unterwelt, geplagt von Angst, dass sich zeigt wer sie wirklich sind. Es ist wie eine biblische Sühne die sie begehen, auch wenn einem als Zuschauer klar ist, dass es trotzdem nicht alle lebend wieder ans Tageslicht schaffen werden. Gepaart ist dieser Seelenstriptease mit einer gesunden Portion an menschlichem Ekelfaktor. Der macht sich besonders bemerkbar, wenn der Virus die Körper optisch verunstaltet und die Protagonisten sich durch eine braune dreckige Suppe in den Kanälen quälen.

    De la Iglesia untersucht nicht nur den Charakter des Menschen, er nimmt sich auch universaler, realer Themen an. Seine Figuren glauben zu Beginn, dass die Schüsse auf einen Terroranschlag zurückzuführen seien. Den Terror, meint de la Iglesia, hat es zwar schon immer gegeben, in den letzten Jahren sei er aber in unserer Nachbarschaft angekommen. Es ist nicht weit hergeholt, dass die Gruppe zu Beginn glaubt in die Ziellinie solch eines Anschlags geraten zu sein. Der Film wurzelt in einer durchaus logischen realen Situation, bevor er seine herrlich absurden Wendungen nimmt. Dadurch entsteht eine stärkere Bindung zum Zuschauer, als wenn es sich um die klassische einsame Hütte im Wald gehandelt hätte. Das Setting ist ebenso universell. Die Geschichte ist inhaltlich nicht örtlich beschränkt, die Bar an diesem Madrider Platz könnte genauso gut an jedem anderen Fleck auf der Welt sein. De la Iglesia hat somit einen Film geschaffen, der von allen verstanden und von allen genossen werden kann.
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    (Susanne Gottlieb)
    01.03.2017
    20:29 Uhr
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