Forum zu Outing

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    Täter und Opfer - Eine Entdichotomisierung

    Dieser Dokumentarfilm liefert (zumindest für viele und von der Gewichtung her) einen neuen Blick auf Menschen, die ein auf Kinder gerichtetes sexuelles Begehren empfinden. Denn nicht jeder dieser Menschen ist oder wird automatisch ein Straftäter. Es gibt darunter auch Menschen - und sie machen vermutlich den größeren Teil unter den sogenannten Pädophilen aus - die sich entsprechende ethische Maßstäbe auferlegen und diese auch ernsthaft einzuhalten bemüht sind.
    Wichtig ist aber, dass solche Menschen dafür, wenn nötig, möglichst unkompliziert entsprechende Hilfe und Unterstützung von ihrer Umwelt bekommen können. Dass aber die derzeit herrschende Tabuisierung des Themas Pädophilie und die populäre, jedoch falsche pauschale Gleichsetzung von Pädophilen mit Verbrechern dafür ziemlich kontraproduktiv ist, leuchtet ein.
    Der Film liefert meiner Meinung nach - bei all seiner Nüchternheit - einen gelungenen Beitrag, daran etwas zu verbessern.
    23.05.2012
    19:30 Uhr
  • Bewertung

    Outing


    Der Dokumentarfilm zu „Stillleben“ war so eigentlich nicht geplant. Er war anfangs nur zu Recherchezwecken gedacht. Als dann allerdings immer mehr Material zustande kam, dachten sich Sebastian Meise und Thomas Reider, dass sie eigentlich einen Film daraus machen könnten – e voila: hier ist er.

    In „Outing“ erzählt Sven (Name von den Autoren geändert) seine Lebensgeschichte, erzählt, dass er nicht viele Freunde hatte und immer schon anders war. Dann, mit 15, bemerkte er, dass er pädophile Neigungen hat. Ein Schlüsselerlebnis für ihn war ein Zeitungsbericht, in dem über ein Verbrechen eines Pädophilen berichtet wurde. Und er, Sven, wusste von da an, dass er nie so werden möchte.
    Deshalb entschied er sich für eine Therapie, offen darüber zu reden. Die Berliner Charitè bietet ein Programm an, dass sich „Kein Täter werden“ nennt und Menschen wie Sven hilft, ihre Neigungen unter Kontrolle zu haben.

    Ein sehr offener Film, in dem der Protagonist so gar nicht dem Klischee des Pädophilen entspricht: Sven ist ein junger, netter Mann, den man auf der Straße auch grüßen würde. Doch was hinter der Fassade steckt, kann keiner sehen.
    Während des ganzen Films wird darüber gesprochen, wie Sven sich fühlt, was er macht, in wen er sich verliebt hat. Vier Jahre lang. Je weiter er von seinem Klinikaufenthalt weg kommt, desto weiter verschieben sich seine moralischen Grenzen und der Zuschauer wartet nur darauf, dass berichtet wird, wie Sven etwas verbrochen hat. Es ist ein zerreißender Film, der einen auch die eigenen moralischen Grundregeln überdenken lässt.

    Beim Publikumsgespräch erzählten Meise und Reider, dass sie sich nie einmischen wollten, sie wollten immer nur als neutrale, außenstehende Personen diesen Film machen. Als dann jedoch Sven`s Grenzen sich immer mehr verschoben, weisen sie ihn darauf hin, mahnen ihn daran zu denken, was er noch vor zwei Jahren gesagt habe.

    Ein Film über Pädophilie, einmal ganz anders erzählt. Ein sehr schwieriges Thema, das immer wieder für Aufregung und Empörung sorgt, das wir aber nie vergessen und verdrängen sollten.
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    23.03.2012
    23:57 Uhr