Forum zu Suspiria

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8 Bewertungen
67.5% Bewertung
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    Viel Lärm um Nichts

    Wie kann so ein Machwerk als Klassiker eingestuft werden? Etwa bloß weil es aus dem Jahre 1976 stammt als die Horrorstreifen vielleicht gerade flimmern lernten? Denn der Horror besteht außer im Verteilen von viel roter Farbe und entstellten Stillleben ausschließlich aus einem Akustoterror, der den Plot unentwegt begleitet. Da hastet die Ballettschülerin Suzy (Jessica Harper) durch theaterähnliche Kulissen, die an Art Dekor erinnern. Man hört fast ständig einen Mix aus Stöhnen, Keuchen, Schreien und Bimmeln, falls nicht gerade die aufsichtführenden Mädels, angeführt von Alida Valli als Marie Tanner und Joan Bennett als Heimleiterin Madame Blank auffällig geheimnisvoll daherkommen. Dass die was aushecken ist dem ahnungslosen Zuschauer bald klar. Auch nicht Vapirismuskenner verstehen, warum Suzy immer so müde ist. Und wenn dann mal ein Dolch ins Fleisch fährt, erkennt man es als Schweinehälfte vom Hausmetzger. So treibt es die Suzy durch geheimnisvolle bunt angestrahlte Gänge. Sie wird gepeinigt von pubertären Seelenqualen und über Drahtspiralen hinweggerollt. Die sie aufklärerisch unterstützenden Psychiater Mende (Udo Kier) und Milius (Rudolf Schündler) tauchen plötzlich auf wie aus einem Zauberhut gezogen, können aber auch nicht helfen. Und so entkommt Suzy dem brennenden Internat. Der Zuschauer ist froh, dass die Geräuschfolter ein Ende hat.
    Was 1976 noch als Horror durchging, kann heute nur noch Achselzucken bewirken. Man erkennt den Fusch, wenn man ihn sieht. Meine Variante des Titels wäre ‘Suspendieria‘ im Sinne von ‘erspart uns das‘. K.V.
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    29.11.2018
    19:48 Uhr
  • Bewertung

    Ein Meisterwerk des Horrors

    Hexen sind ein Thema, das Argento, einem Meister des Giallo und Horrorkinos, seit seiner Kindheit faszinierte und ihn selbst später, als erfolgreichen Filmemacher, nicht los ließ. Nachdem er 1975 in „Rosso - Die Farbe des Todes“, bereits gewisse übernatürliche Phänomene andeutete, sollte sein nächstes Werk ganz im Zeichen der Hexerei stehen. Dazu begab Argento sich gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin und Drehbuch Co-Autorin Daria Nicolodi auf eine Reise durch Europa, um das Wesen der Hexenkunst genauer zu erforschen. Dabei stießen sie auf das von Thomas De Quincey 1845 veröffentlichte Werk „Suspiria De Profundis“, das dem kommenden Film sowohl den Titel „Suspiria“ gab, als auch mit seinem drei Mütter Konzept (Mater Suspiriorum, Mater Tenebrarum und Mater Lachrymarum) für das Grundgerüst der Mythologie hinter „Suspiria“ und seiner späteren Fortsetzungen „Feuertanz - Horror Infernal“ (1980) und „Mother of Tears“ (2007) sorgte.

    „Suspiria“ ist für mich nicht bloß ein, sondern das Meisterwerk des Horrors; eine perfekte Symbiose aus Akustik, Ästhetik und Angst. Ähnlich wie die Protagonistin „Suzy Bannion“, die von den USA aus auszog, um an der prestigeträchtigen Tanzakademie in Freiburg ihre Ballett-Technik zu vollenden, ahnen wir bereits in der Eröffnungsszene, dass ein Hauch von Magie in der Luft liegt. Doch ist es jene Art von Magie, die einem den Schauer über den Rücken laufen lässt, aber zugleich von unwiderstehlicher Natur ist. Dafür verantwortlich sind die märchenhafte Optik, eindrucksvoll eingefangen vom Kameramann Luciano Tovoli, und der brillante Soundtrack der italienischen Progressive Rock Band „Goblin“.

    Dass dies alles an ein Märchen erinnert ist kein Zufall, sondern Argentos von „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ (1937) inspirierte Vision, die mit einem Schuss Mario Bava und Fritz Lang perfektioniert wurde. Ursprünglich wollte Argento den Film mit Kindern drehen, wurde vom Studio allerdings dazu gedrängt auf volljährige Schauspielerinnen zurückzugreifen. Um seine ursprüngliche Vorstellung durchzuziehen, entschied sich Argento dazu den Dialog kindlich zu halten und die Architektur der Sets etwas zu verändern. So wurden zum Beispiel alle Türgriffe etwas nach oben verlegt, um die perfekte Illusion einer für die Darstellerinnen zu großen Welt zu kreieren.

    Ich könnte nun stundenlang über die grandiosen Leistung der Darstellerinnen, den markanten Kurzauftritt von Udo Kier, die hypnotisierende visuelle Narration und den numinosen Soundtrack schwärmen, aber keines dieser Worte könnte diesem Werk auch nur annähernd gerecht werden. Deswegen rate ich jeder Person, die „Suspiria“ noch nicht kennt, das Original von 1977 so schnell wie möglich zu sehen, am besten den neuen restaurierten 4K-Transfer!
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    15.11.2018
    10:06 Uhr
  • Bewertung

    the art of horror

    eine junge amerikanerin auf dem weg in die elitäre freiburger tanzakademie, ungewöhnlich starker regen, die fahrt durch einen dunklen wald mit einem mürrischen taxifahrer, dazu der unheimlich-eindringliche goblin-score – eine unverständliche abweisung an der pforte und eine studentin, die voll des horrors flieht... eine aura von gewalt und sadistischer bösartigkeit verbreitet sich, bestialische morde, genussvoll zelebriert, häufen sich, unerklärliche körperliche schwächen, räume voller maden und drahtschlingen lassen am verstand zweifeln. böse hexen vernichten, werden vernichtet, in einem märchenhaften albtraum ohne jede erklärung.

    ob suspiria tatsächlich ein meisterwerk ist wie (fast) einmütig behauptet, sei dahingestellt – gefakte requisite, unglaublich gekünstelte mordszenen mit plastikviechern und allzu offensichtlichen schnitten, dazu eine dünne story um eine hexe – die mater suspiriorum/mother of sighs – die erste von argentos "mütter-trilogie", über die eigentlich nichts erzählt wird, außer dass sie böse ist... die hauptrolle spielen ohnehin die artifizielle ausleuchtung, der einzigartige score mit raunen, gemurmel und unheimlich-bedrohlichen beschwörungen – die essenz des films sind aber die farben: suspiria ist einer der letzten filme in IB-technicolor, gedreht mit den restbeständen des kodak-filmmaterials, das nach belieben die intensivierung oder gänzliche herausfilterung einzelner farben ermöglichte.

    fazit: (nur) wer sich nicht an den angejahrten effekten stört, exploitative mordinszenierungen genießt und von einem kaum vorhandenen plot ohne jede spannung absehen kann, der darf sich in einen orgiastischen fiebertraum der farben und musik fallen lassen
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    25.01.2015
    19:28 Uhr