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90% Bewertung
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    Weit weg vom nervenden Volk

    Ein außergewöhnlicher Film, der nicht nur der Romanvorlage von Thomas Hardy vollauf gerecht wird, sondern auch auf ein grandioses Ensemble zurückgreifen kann. Besonders die Titelfigur Bathsheba Everdene (Julie Christie) verhindert das Abgleiten in eine Schmonzette, denn sie spielt großartig auf der Klaviatur ihres schauspielerischen Talents. Das reicht von herrisch bestimmt, bis unsicher weinerlich, von zerknirscht bis triumphierend. Vom lieben Weibchen bis zur Grand Dame im Salon. So hat hier Hardy auch noch ein verspätetes Coming-Off-Age geliefert.
    Außerdem gibt es eine tragische Figur: Fanny Robin (Newcomerin Prunella Ransome), die zum Tiefgang der Handlung durch beeindruckende Darstellung beiträgt: vom Offizier Troy (Terence Stamp) geschwängert, sitzen gelassen und so dem Tode geweiht.
    Im Verlauf ihres Erwachsenenwerdens umkreisen drei Kandidaten Bathsheba: von Anfang an hat eigentlich Gabriel (Alan Bates) die besten Chancen. Er passt zu ihr und versteht etwas von Landwirtschaft. Dann ist da noch Mr Boldwood (Peter Finch), ein reicher, alter Nachbar, der mit Ring und Versprechen fast am Ziel wäre, doch das Rennen macht zu nächst der Hallodri Troy.
    Der Kampf mit den Naturgewalten spielt natürlich auch eine Rolle, aber dies ist kein Selbstzweck: eine Feuersbrunst, ein Unwetter, eine Schafkrankheit machen den Plot farbiger. Hier kann sich der spätere Sieger erste Sporen verdienen. Dorffeste mit Gesang und Tanz sind bei Hardy immer dabei. Hier singen die Clancy Brothers ihr beliebtes Lied von ‘Jolly Tinker‘. (Herrlich unanständig!) Genauso wie die Einblicke in die Herrschaftsverhältnisse des 19. Jahrhunderts. Viel echtes Lokalkolorit schmückt den Plot: Hahnenkämpfe, ein Jahrmarkt sowie Hardys Lieblingsmaschine, die das Dreschen des Korns überflüssig macht. Wie sich Troy und Boldwood selbst ausschalten, ist äußerst dramatisch. Wie Gabriel und Bathsheba ihre Liebe erkennen entlockt einem schon einen wohligen Seufzer der Erleichterung.
    Großes Kino mit großen Gefühlen und einem Einblick ins pralle Leben auf dem Lande. Und mit einem ins Deutsche nicht übertragbaren Originaltitel.
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    02.06.2018
    10:13 Uhr
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    Die Herrin von Thornhill

    Mit Kostümfilmen ist das so eine Sache. Meist verlieren sie sich irgendwo zwischen fader Oscar-Nominierung und belanglosem Tun der handelnden Personen. Bei John „Marathon Man“ Schlesingers Adaption von Thomas Hardys außergewöhnlicher Gesellschaftsstudie „Far from the Madding Crowd“ läuft die Geschichte um die baldigst ins Haus stehende Verehelichung der reichen Erbin Bathsheba Everdene allerdings völlig anders. Nicht, dass da keine schönen Kostümchen und kein eitler Tand zur Schau gestellt würden, aber das Drehbuch hat auch oder vor allem Inhalt und ist/war an den Verzweigungslinien des Free Cinema platziert – also: Links von der Mitte. Ergebnis: Ein filmisches Kleinod übers viktorianische Adels-Dasein, über die Heuchelei im Schatten des Mammons und die Liebe. Auch wenn jene Gefühlsregung meist teuer erkauft werden muss …
    Exklusiv für Uncut von MacGuffin Mehr zur DVD
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    03.09.2008
    13:32 Uhr