Forum zu Dirty Harry

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81.3% Bewertung
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    Der Mann fürs Grobe

    Mit diesem Film legte Regisseur Don Siegel den Grundstein für eine Kultserie und machte Dirty Harry zum Klassiker des Genres. Es ist nicht nur die technische Qualität des Films, die immer noch (seit 1971) überzeugt. Der Killer Scorpio (Andrew Robinson) sieht ihn kommen, wir sehen nur seine immer größer werdenden Augen. Unvergessliche Szenen gab es wie den Banküberfall am Anfang mit der Fontaine aus dem Hydranten und dem Ratespiel mit dem angeschossenen Gangster über die Anzahl der Kugeln in seinem Colt. Viele Einstellungen sind im Halbdunkel oder mit Teilbild gedreht. Clint Eastwood ist wie auch in seinen Western (z.B. in der Dollar-Serie) supercool und hat lockere Sprüche drauf. Inhaltlich bietet der Film nichts Neues: ein Heckenschütze erpresst die Stadt und stellt Lösegeldforderungen. Nach Verhaftung und Freilassung wird’s interessant, weil neu: Scorpio lässt sich zurichten, um sich der Presse gegenüber als von der Polizei Misshandelter auszugeben. Ein gekidnappter Schulbus führt zum Finale, wo Harry sowohl auf dem Dach des Busses als auch auf einem Förderband sein Können unter Beweis stellen kann. Der Showdown ist allerdings spektakulär und endet wieder mit der Frage nach den restlichen Kugeln in seinem Colt.
    Es gehört zur Figur des Dirty Harry, dass er erst schießt, dann redet und dem Zuschauer mit seinen Aktionen eine gewisse Genugtuung verschafft, obwohl es rechtlich grenzwertig ist. Seinen Vorgesetzten gefällt das natürlich keineswegs, die ihn prompt vom Dienst suspendieren. Fahndungserfolg und Zwangsurlaub liegen dicht beieinander.
    Und dieser Ur-Dirty-Harry kommt ohne nennenswerte Frauenrollen aus. Das wird sich ändern.
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    03.07.2017
    13:35 Uhr
  • Bewertung

    Dirty Harry

    Ein sadistischer Serienmörder macht San Francisco unsicher. Er nennt sich selbst „Scorpio“ und verfolgt ein simples Ziel: Er hört erst auf zu morden, wenn ihm die Stadtregierung eine hohe Geldsumme übergeben hat. Und hier wird schon Harry Callahan (Clint Eastwood, wer sonst!) beauftragt. Man nennt in „Dirty Harry“, entgegen vielen Mythen nicht auf Grund seiner Arbeitsmethoden, sondern weil ihm kein Job zu schäbig ist. Bald wird ihm mit dem Mexikaner Chico Gonzalez (Reni Santoni) ein Partner zugewiesen. Dass dies dem Einzelgänger (und subtilen Rassisten) Harry gar nicht passt, tut nichts zu Sache: Ab sofort wird gemeinsam gegen Scorpio ermittelt. Und im weiteren Verlauf merkt man, dass Dirty Harry wohl entgegen eigenen Aussagen doch den Spitznamen auf Grund seiner Arbeitsmethoden hat.

    „Dirty Harry“ ist ein Cop Movie, in dem zwei Polizisten ermitteln, doch es ist kein Buddy Movie. Buddy Movies operieren mit gegenseitigem Respekt oder, meistens, mit gegenseitigem Aufsticheln. In „Dirty Harry“ bleibt alles einseitig: Harry ist derjenige, der Chico nicht leiden kann, Harry ist derjenige, der häufig seinen Partner ignoriert. Er bleibt im Laufe der Geschichte ein Einzelgänger mit Partner. Hier stellt der Film bereits eine Sonderheit dar.

    Die Figur des Harry Callahan wirkt oberflächlich betrachtet wie eine Fortführung diverser Personen, die man aus dem Film Noir kennt: Dunkle, im Privatleben gescheiterte, Menschen, die ein „ein-Mann-Unternehmen“ sind. Doch dies wird dem Protagonisten hier nicht gerecht, denn Callahan ist mehr. Während Figuren des Film Noir häufig egoistisch handeln (man denke an Joe Gillis, der mit Norma Desmond im unvergässlichen „Sunset Blvd.“ eine fatale Zweckgemeinschaft eingeht), ist Callahan durchwegs selbstloß. Er will Gerechtigkeit um jeden Preis, doch hier wird es bereits problematisch: Was ist Gerechtigkeit?

    Diesem Thema widmet sich Don Siegel in „Dirty Harry“ und stellt dabei eine Figur dar, die beinhart über Leichen geht und bei seiner Jagd nach Scorpio gegen die Vorgesetzten rebelliert und bewusst sämtliche US-amerikanische Grundrechte vernachlässigt. Es war nicht nur Roger Ebert, der dem Film eine faschistische Botschaft ankreiden wollte. Diese Kritik ist kaum vom Tisch zu wischen, doch bei „Dirty Harry“ handelt es sich in erster Linie um einen damals zeitgerechten Film, der die gesellschaftspolitischen und historischen Umbrüche Ende der 60er Jahre behandelt. Ob faschistisch oder nicht: Harry ist eine plausible Figur, ein Vertreter einer Generation, die sich nach verschiedensten Kriegen nicht mehr so leicht auf die festgeschriebenen Grundrechte der USA verlassen kann. Gänsehaut tritt auf bei dem Gedanken, dass „Dirty Harry“ in seiner Darstellung des einsam rächenden und sämtliche Rechte vergessenden US-Helden heutzutage eine große Aktualität hat und neu betrachtet werden sollte.
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    16.11.2010
    18:00 Uhr