Forum zu Wilde Unschuld

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    Muttermord

    Mutter (Julianne Moore) macht Sohn Tony (Eddie Redmayne) zu ihrem Mann.
    Dieses Thema kann man unter dem Aspekt Psychostudie sehen (fehlgeleitete Mutterliebe oder ganz einfach abwegige sexuelle Praktiken). Man kann aber auch darin eine Parabel über grenzüberschreitende Gewalt sehen, vor allem wenn man an das Ende denkt. Ausgehend von der Sexualität überschreiten alle Figuren die moralisch akzeptierten Grenzen und driften in Richtung Gewalt ab, um ihre Ziele zu erreichen. Nach den gängigen Praktiken von Mann mit Mann bzw. Frau mit Frau wird Gewalt zum bestimmenden Faktor im zwischenmenschlichen Bereich, selbst beim Ehepaar Baekeland. Der Sex dient nicht mehr der Lust, sondern nur noch der Macht und das promiskuitiv. Mit der moralischen Grenzüberschreitung kommt auch die physische. Man bewegt sich in einer Atmosphäre, in der man sich als Gott fühlt und über den Normen steht. Da passt sogar der Suizid ins Bild. Nur ein Gott kann sich das Leben nehmen. Wenn Mutter und Sohn mit dessen schwulem Freund gemeinsam erwachen, können sie nur lachen. Moral und Norm geben Leitlinien vor. Die muss man zwar nicht immer befolgen, aber es kann gefährlich werden, weil sie auch Schutz bieten.
    Im Nachspann zu diesem Gruselstück erfahren wir noch von Tonys Ende. Eine letzte Konsequenz. Ein Film, den man eigentlich nicht sehen will. Chapeau vor Julianne Moore.
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    22.05.2014
    17:52 Uhr
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    Wilde Unschuld

    Am 11. November des Jahres 1972 wird Barbara Baekeland von ihrem damals 27-jährigen Sohn Anthony erstochen. Das sind die Fakten. Pur und ungetrübt. Aber Independent-Director TOM KALIN („Swoon“) lässt uns über den Tellerrand dieser Realität, auf die möglichen Wurzeln eines Verbrechens in Unschuld blicken und führt uns ein ins Gestern der Familie Baekeland resp. ins Gestern von Barbara Baekeland und ihrer Unfähigkeit, sich im herrschaftlich-snobistischen Ambiente der Rich & Famous passend zu bewegen. Außerhalb ihrer Klasse geheiratet, noch dazu einen Mann erkühlter Emotion, bleibt der „Standes-Switcherin“ nicht mehr oder weniger als das auffallend regelmäßige Aus-der-Rolle-fallen in Wort und Tat. Während ersteres sich einfach als lautstarke Peinlichkeiten äußert, manifestiert sich letzteres in einer flott-polygamen Lebensführung bis hin zum Exzess inzestuöser Bauart.

    Von KALIN gelungen zurückhaltend als sanft modernistisches Tableau einer griechischen Tragödie inszeniert, läuft das Movie niemals Verdacht, eine Nabelschau der Reichen und Schönen zu werden, sondern konzentriert sich vollends aufs Personal einer Schicht, die ihr Wechselbad vom steifen Rollenspiel und (scheinbar) erlösenden Spurwechsel längst in einem derart emotionalen Vakuum erlebt, dass allein im Extrem so etwas wie Frieden zu finden ist. Ein Frieden, den Sohnemann Anthony, gefangen zwischen Drogensucht und Homosexualität, zwischen Mutterliebe und Vaterhass oder umgekehrt, nicht erfahren wird und der somit tragische Folgen zeitigt …
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    31.10.2008
    13:12 Uhr