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    sternenstaub

    "legenden sind es, die wie antike ruinen die fiktion von imperien hervorrufen. und alles vergessene schwebt in den dunklen träumen der vergangenheit und droht immerwährend zurückzukehren."

    "ich will sie, weil sie damals dabei waren": die dunklen träume der vergangenheit melden sich wieder zurück, als der musikjournalist arthur stuart (christian bale) mit einer story über den weiteren verbleib des ehemaligen glamrockstars brian slade (jonathan rhys meyers) beauftragt wird. erinnerungen an ein erstickendes, repressives elternhaus, an die ersten, elektrisierungen begegnungen mit der glamrock-musik der frühen 1970er und ihre interpreten werden wach, die gleichermaßen schmerzhafte und sehnsuchtsvolle zeit des erwachsenwerdens, der träume von sexueller befreiung und lustvoller pose – und das platzen dieser träume: brian slades ermordung auf offener bühne entpuppt sich als schwindel, die "unglaublich kraftvolle und positive zeit" (ewan mcgregor) verliert sich in einer destruktiven abwärtsspirale aus drogenkonsum und materiellem anspruch: die achziger lassen grüßen, der neue star am firmament ist tommy stone, der nur gutes über den konservativen US-präsidenten zu berichten weiß. doch auch tommy stone hat eine vergangenheit...

    regisseur und drehbuchautor todd haynes begibt sich auf eine musikalische zeitreise zurück in die glamrock-ära, "brian slade" und co werden als spirituelle nachfahren oscar wildes, des "ersten dandys des pop", zelebriert, wildes brosche als zeichen der geistigen verbundenheit weitergereicht. die parallelen zu david bowie (aka ziggy stardust), iggy pop und ein bissel lou reed, bryan ferry oder brian eno sind unübersehbar, sollten allerdings nicht als 1:1-biographie missverstanden werden: mit velvet goldmine wird eine ära, oder besser, unsere vorstellung von einer "übertriebenen, verrückten, grandiosen zeit" wiedererweckt – kaleidoskopartig und stilsicher in den inszenierungen der opulenten auftritte und des alltags mit schlaghosen, glitzermake-up und 1970er typographie, getragen von viel musik und einem wunderbaren cast: eine erinnerung an sehnsucht, verlust und die sogwirkung von musik und ihren legenden – legenden, die wie sternschnuppen selbst zu staub zerfallen müssen, aber in ihrem kurzen aufglühen unsere kleine persönliche welt verändern können.

    tipp: "to be played at maximum volume!"
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    07.06.2015
    23:57 Uhr
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    Drogenrausch in Samt & Seide

    Bereits beim Vorspann springen einem die quietsche bunten, psychodelischen Schriftzüge ins Auge. Und damit trifft der Film von Todd Haynes gleich den Ton der glamourösen Siebziger Jahre. Klamotten, Frisuren und Ausstattung liefern ein Übriges, um das Feeling jener Zeit rüber zu bringen, als sich die Jugendlichen als ‘Mods ‘n Rockers‘ gegenüberstanden. Die ausgelassene Freizügigkeit als Maxime erforderte ein Leben, in dem alles möglich ist. Man ist schwul, man ist bi etc. Aber es ist mehr als nur ein bloßer Musikfilm. Obwohl es davon genug zu hören gibt. Die Hauptdarsteller sind durchweg überzeugend. Jonathan Rhys Meyers (Brian) ebenso wie Ewan McGregor(Curt). Wir erleben beide auf der Bühne. Und sie geben ihr Letztes. Wann hat man Ewan McGregor schon mal nackt gesehen? Aber auch musikalisch ist er überzeugend. Und dass Rhys Meyers Musik echt performen kann, hat er auch 2007 in ‘August Rush‘ wieder bewiesen.
    Curt und Brian leben wie im Rausch, oftmals jenseits der Grenze. Sie leben ihre Träume aus und gehen daran zugrunde. Das Leben ist eine Party mit ‘Sex and Drugs and Rock ‘n Role‘. Sie wollen lieber die Ausnahme sein als die Regel. Die ganze Tragik fokussiert sich in der sie begleitenden Figur von Mandy (Toni Collette) als Brians Ehefrau. Man sieht, wie Brian vom eigenen Erfolg zerstört wird. Ein kurzes Schlaglicht fällt auch auf die Elterngeneration in ihrer ganzen Hilflosigkeit. Ein echtes musikalisches Zeitdokument und eine Ode an die Vergänglichkeit.
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    27.05.2012
    14:38 Uhr