Forum zu Die Dinge des Lebens

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    Zwei Unfälle

    Der Geniestreich von Claude Sautet ist, dass er einen Autounfall und eine Beziehungskrise miteinander verbindet, also eine äußere und eine innere Katastrophe. Und das schildert er durch geschickte Schnitte außerordentlich eindrucksvoll. Wegen der drei Spitzenschauspieler stören die langen Dialoge kaum. Pierre (Michel Piccoli) steht zwischen seiner Ex Catherine (die seltene Lea Massari) und seiner momentanen Geliebten Hélène (Romy Schneider). In der neuen Beziehung kriselt es. Hélène: ‘Ich bin müde, müde dich zu lieben! ‘ Pierre schreibt einen Abschiedsbrief, will ihn wieder vernichten, da kommt der Unfall dazwischen.
    Von Anfang an zieht sich dieser Unfall bildlich durch den ganzen Film, wobei immer weitere Details enthüllt werden. Sein Gehirn arbeitet weiter, wenn er im Gras liegt. Wir sehen Einstellungen aus seiner Ameisenperspektive: Blumen, Schuhe. Ein Pfarrer macht ihm Angst. Ein Höhepunkt der Filmkunst ist der Schluss. Ohne Kommentar umkreist die Kamera die beiden Frauen und der Zuschauer kann nur aus deren Gesichtsausdruck entnehmen was Sache ist. Ein Ringen zwischen Entsetzen, Hilflosigkeit und Schock, etwas was vor der eigentlichen Trauer kommt. Und es gelingt Catherine noch menschliche Größe zu zeigen, nachdem sie den Abschiedsbrief gelesen hat. Unvergessen die letzten Bilder von Michel Piccoli. Dieses aufwühlende Drama ist meisterlich in Szene gesetzt und grandios gespielt.
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    30.05.2012
    11:51 Uhr