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    Das 'Vögelnest' von Paris

    Der Skandalfilm der frühen 70er Jahre und auch heute schwanken die Meinungen immer noch zwischen Ekel und Empörung, Abscheu und Faszination. Und gäbe es den Skandal nicht, so würde heute niemand mehr von diesem Film reden.
    Paul, ein mittelalterlicher Amerikaner (Marlon Brando) vergewaltigt Jeanne, eine 19 Jährige (Maria Schneider) in einer Pariser Wohnung. Mal stimmt sie zu, mal nicht.
    Man fragt sich, warum sie das hat mit sich machen lassen bzw. warum sie immer wieder in dieses ‘Vögelnest‘ zurückkehrte. Das ist das Argument der Machos - und Bertolucci zählt offenbar dazu – die behaupten ‘Es hat ihr doch wohl gefallen!‘
    Paul quält Jeanne (mit Butter im Anus) und beschimpft sie in übelster Weise, nachdem er behauptet sie zu lieben. Sex lügt nicht, und verkauft sich gut. Schlimm ist, dass Brando und Bertolucci Maria Schneider vorher nichts von der Vergewaltigung erzählt haben sollen. Dieses grauenhafte Vergehen an einer jungen Frau wird teilweise als einvernehmlicher Sex dargestellt. Schüchtern war die Rolle der Jeanne ja keineswegs angelegt. Dennoch hat sie sich den übermächtigen Götzen gefügt, die das unschuldige Mäuschen einfach überrumpelt haben. War es die Sehnsucht nach Ruhm, mit der Maria später nicht fertig geworden ist?
    Die Grenzen der Kunst sind hier übertreten worden, weil man hier zwischen Fake und Fiction nicht unterscheiden kann. Missbrauch ist ein Verbrechen, daran ändert auch der Heiligenschein der Kunst nichts.
    Alle anderen Szenen des Films scheinen vergessen: Jeannes chaotischer Freund Tom (Jean-Pierre Léaud), der mit ihr so ganz nebenbei einen Film dreht oder Pauls tote Frau Rosa und ihre Mutter haben Auftritte ebenso wie Rosas Geliebter. Alles überlagert diese Flucht aus der Welt in das Reich von zügellosem Sex und abartigen Gelüsten.
    Und da passt das Ende dann doch wieder partiell, ohne dass es eine Erklärung gibt. Ein Tanzsalon rechtfertigt zwar den Titel, passt aber zum Film als Ganzes wie ein Nagel zum Fingernagel.
    Maria hat einen Revolver von ihrem Vater und will plötzlich Schlussmachen. Wieso eigentlich? Paul degeneriert zum armen Würstchen und liegt in der Embryohaltung auf ihrem Balkon. Heute als echter Porno zu wenig, als Kunstwerk zu dünn.
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    25.05.2018
    09:33 Uhr
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    Salut, monstre! oder: La belle et la bête

    Paul (Marlon Brando) ist am Ende mit der Welt. Die Frau des 45-jährigen Amerikaners in Paris hat sich gerade in der Badewanne umgebracht, zur Ablenkung mietet er eine heruntergekommene Wohnung an und lässt dort seiner negativistischen Weltsicht freien Lauf. Mit der 20-jährigen Jeanne (Maria Schneider), die von dem obszönen Ekel rätselhaft fasziniert ist, wird die leere Wohnung zur Stätte des anonymen Sex.

    Bernardo Bertoluccis Skandalfilm der 70er-Jahre stellt den Zuseher mit Pauls laufenden obszönen Äußerungen auf die (Gedulds-)Probe. Neben den schockieren wollenden Fluchtiraden, Nackt- und Sexszenen gibt Marlon Brando szenenweise das sehenswerte Porträt eines zerrütteten Mannes. Die Szenen mit Jean-Pierre Léaud als Filmemacher, der seine Freundin Jeanne zur unfreiwilligen Hauptdarstellerin seines neuesten lyrischen Werkes macht, enthalten kaum etwas Interessantes. Die Konzeptlosigkeit der Geschichte und das kaum nachvollziehbare Verhalten der Hauptfiguren lassen das Interesse bald erlahmen und die 124 Minuten (die erste Fassung hatte über vier Stunden) zu einem fade dahinrinnenden Fluss werden.
    Die Dialoge sind etwa je zur Hälfte in Französisch und Englisch, und am Ende wird tatsächlich Tango getanzt. Warum? Aus dem gleichen Grund, aus dem im Vorspann Gemälde von Francis Bacon gezeigt werden. Weil es tiefgründig wirkt und mannigfaltige Bedeutungen auf vielen Referenzebenen hat. Irgend so was halt.
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    24.01.2015
    20:07 Uhr