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    Es ist schwierig mit Leuten zu reden, die nicht zuhören wollen!

    Exklusiv für Uncut vom LET’S CEE Filmfestival
    Die Bilder von Jan Geberts Dokumentarfilm „When the war comes“ wirken an vielen Stellen surreal. Man glaubt beinahe sich im Spielfilm „Full Metal Jacket“ zu befinden. Männer lassen sich anschreien und demütigen und folgen trotzdem einem jungen Mann auf Schritt und Tritt, der eigentlich nichts anderes zu sagen hat als Flüchtlinge sind Böse und die Einwohner der Slowakei müssten vor diesen geschützt werden. Dieser junge Mann ist Peter Švrček, Gründer der paramilitärischen Gruppierung der „Slowakischen Rekruten“.

    Sehen wir Peter zu Beginn des Films noch auf der Schulbank, begleiten wir ihn in den nächsten Einstellungen schon in seiner Camouflage-Uniform in den Wäldern der Slowakei, wo er neue Mitglieder seiner Gruppierung rekrutieren will. Alles läuft dabei in einem äußerst harschen Befehlston ab, der keinerlei Widerrede erlaubt und die verschiedenen Anwärter scheinen mit dieser Art der Unterordnung keinerlei Problem zu haben. Übung um Übung lassen sie sich niedermachen, da sie unbedingt aufgenommen werden wollen. Wie bereits gesagt äußerst surreale Szenen ereignen sich in diesem Dokumentarfilm, der den Anführer dieser Organisation auch in privaten Szenen Zuhause bei seiner Familie zeigt. Diese steht voll und ganz hinter den Aktionen und Aussagen ihres Jungen. Selbst wenn im Fernsehen von der Gefahr berichtet wird, die von den „Slowakischen Rekruten“ ausgeht, redet die Familie nur darüber wie berühmt Peter mittlerweile nicht schon ist.

    Anhand dieses eindrücklichen Filmes sieht man wie schnell junge Menschen eine verklärte Sicht entwickeln, wenn ihnen ihre Ausgangslage gefährlich oder chancenlos erscheint. Genau diesen Menschen müsste man helfen und an der Hand nehmen, damit sie eben nicht den Aussagen von solchen Möchtegernmachthabern verfallen. Dass dies jedoch einfacher gesagt als getan ist zeigt eine verstörende Szene, in der Peter und ein paar andere höhere Mitglieder der Gruppierung entscheiden von nun an den angehenden Rekruten die Namen und deren Erlaubnis zu sprechen zu entziehen. Menschen werden reduziert auf Nummern und finden das in Ordnung.

    Dieser Film von Jan Gebert deckt eine gefährliche und erschreckende Tatsache auf, nämlich die, dass sich Menschen viel zu schnell wieder von gewissen Versprechungen verleiten lassen und diesen Worten dann blindlings folgen. Es wird deutlich, dass unsere Gesellschaft wieder zusammenrücken muss, um solchen fremdenfeindlichen Gruppierungen keinen Platz zu geben, da man diesen Jungen und Männern ansieht, dass sie nur aus Angst und Hass heraus agieren. Ein Film der gleichermaßen interessant wie verstörend ist und auf jeden Fall zum Nachdenken anregt.
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    23.04.2018
    22:53 Uhr
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    Bubenstreiche in slowakischen Wäldern

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2018
    Im Licht des Alltags gesehen sind die Mitglieder der „Slovenskí Branci“ (zu deutsch etwa: Slowakische Rekruten) geradezu Vorzeigeschwiegersöhne. Sie tun erfolgreich ihren Brotberuf oder gehen noch artig zur Schule, sind immer hübsch rasiert, höflich und angemessen gekleidet.
    In ihrer Freizeit kommen sie jedoch in Camouflage-Montur zusammen um sich unter Drill und Demütigungen für die Aufnahme in der paramilitärischen Gruppe zu qualifizieren. (Frauen wären übrigens auch zugelassen, aber, naja, es scheint ein wenig an Nachfrage zu mangeln.) Nur die härtesten werden in der elitären Kleinarmee akzeptiert, sollen sie doch im Krisenfall leisten was ihrer Meinung nach der Staat nicht tun wird: das Land und seine Bewohner vor dem sicheren Untergang zu beschützen.

    Was denn nun genau für eine akute Bedrohung über dem Abendland schwebt, vermag Peter Švrček der Anführer der Gruppe - wie die meisten aus angstdurchfeuchtetem Boden ersprossenen Populistenschwammerl - , nicht so genau zu definieren. Es hat auf jeden Fall etwas mit den Flüchtlingsströmen zu tun. Aber nicht nur der Islam ist böse sondern auch „der Westen“. Böse, böse und verdorben. Eher schon sehr gut ist dann wiederum Putin und Russland im allgemeinen und die Slowakei im speziellen. Aber der Beste von allen ist er selbst, Peter Švrček, eben noch Schulabgänger, nun...ja was eigentlich? Man erfährt es nicht im Film. Macht nix. Er hat jedenfalls jede Menge Zeit um an seinen narzisstischen Machtfantasien zu basteln, er wohnt ja noch bei seinen Eltern. Demnächst dürfte er sich selbst übertreffen: er hat so eben (Drehschluß: Jänner 2018) eine Partei gegründet. Mit sich selbst als nicht absetzbarem Chef.

    Drei Jahre hat Jan Gebert den jungen Demagogen begleitet, zwischendurch auch mal dessen Vertrauen verloren, aber im Grunde konnte er immer auf die Eitelkeit und Kamerageilheit seines Studienobjektes zählen. Švrček ist überdies der Meinung, dass es keine schlechte Propaganda gäbe. Jede Aufmerksamkeit sei gut. Bei einigen Zusehern im Premierenpublikum ist es offenbar genau das was beunruhigt: ob sich der Filmemacher somit nicht zum Werkzeug der Neofaschisten mache, wird gefragt. Aber ich finde man muss gar nicht einmal sonderlich analytisch an den Film herangehen um zu sehen wie Švrček sich selbst demontiert. Immer wieder lügt er offenkundig und spätestens wenn er vor laufender Kamera beschließt künftige Vorstandswahlen aus den Statuten der Gruppe zu nehmen, es käme ja doch immer zum selben Ergebnis, ja spätestens da sollte jedem klar sein, dass die „Slovenski Branci“ antieuropäisch, rassostisch und undemokratisch gesinnt sind. Und der Filmemacher sicher nicht sein Freund.

    Es kommen härtere Zeiten. Aber dank Dokumentationen wie dieser wird einst niemand behaupten können nichts geahnt zu haben.
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    18.02.2018
    21:07 Uhr