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  • Bewertung

    Bubenstreiche in slowakischen Wäldern

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2018
    Im Licht des Alltags gesehen sind die Mitglieder der „Slovenskí Branci“ (zu deutsch etwa: Slowakische Rekruten) geradezu Vorzeigeschwiegersöhne. Sie tun erfolgreich ihren Brotberuf oder gehen noch artig zur Schule, sind immer hübsch rasiert, höflich und angemessen gekleidet.
    In ihrer Freizeit kommen sie jedoch in Camouflage-Montur zusammen um sich unter Drill und Demütigungen für die Aufnahme in der paramilitärischen Gruppe zu qualifizieren. (Frauen wären übrigens auch zugelassen, aber, naja, es scheint ein wenig an Nachfrage zu mangeln.) Nur die härtesten werden in der elitären Kleinarmee akzeptiert, sollen sie doch im Krisenfall leisten was ihrer Meinung nach der Staat nicht tun wird: das Land und seine Bewohner vor dem sicheren Untergang zu beschützen.

    Was denn nun genau für eine akute Bedrohung über dem Abendland schwebt, vermag Peter Švrček der Anführer der Gruppe - wie die meisten aus angstdurchfeuchtetem Boden ersprossenen Populistenschwammerl - , nicht so genau zu definieren. Es hat auf jeden Fall etwas mit den Flüchtlingsströmen zu tun. Aber nicht nur der Islam ist böse sondern auch „der Westen“. Böse, böse und verdorben. Eher schon sehr gut ist dann wiederum Putin und Russland im allgemeinen und die Slowakei im speziellen. Aber der Beste von allen ist er selbst, Peter Švrček, eben noch Schulabgänger, nun...ja was eigentlich? Man erfährt es nicht im Film. Macht nix. Er hat jedenfalls jede Menge Zeit um an seinen narzisstischen Machtfantasien zu basteln, er wohnt ja noch bei seinen Eltern. Demnächst dürfte er sich selbst übertreffen: er hat so eben (Drehschluß: Jänner 2018) eine Partei gegründet. Mit sich selbst als nicht absetzbarem Chef.

    Drei Jahre hat Jan Gebert den jungen Demagogen begleitet, zwischendurch auch mal dessen Vertrauen verloren, aber im Grunde konnte er immer auf die Eitelkeit und Kamerageilheit seines Studienobjektes zählen. Švrček ist überdies der Meinung, dass es keine schlechte Propaganda gäbe. Jede Aufmerksamkeit sei gut. Bei einigen Zusehern im Premierenpublikum ist es offenbar genau das was beunruhigt: ob sich der Filmemacher somit nicht zum Werkzeug der Neofaschisten mache, wird gefragt. Aber ich finde man muss gar nicht einmal sonderlich analytisch an den Film herangehen um zu sehen wie Švrček sich selbst demontiert. Immer wieder lügt er offenkundig und spätestens wenn er vor laufender Kamera beschließt künftige Vorstandswahlen aus den Statuten der Gruppe zu nehmen, es käme ja doch immer zum selben Ergebnis, ja spätestens da sollte jedem klar sein, dass die „Slovenski Branci“ antieuropäisch, rassostisch und undemokratisch gesinnt sind. Und der Filmemacher sicher nicht sein Freund.

    Es kommen härtere Zeiten. Aber dank Dokumentationen wie dieser wird einst niemand behaupten können nichts geahnt zu haben.
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    (Michael Gegenhuber)
    18.02.2018
    21:07 Uhr