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    Zuckersüßer Feminismus in Schwarz-Weiß

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2017
    „Die Jungfrauenmaschine“ ist eine punkige, feministische Komödie aus dem Jahr 1988. Da gerade die heutige feministische Bewegung stark inspiriert ist von den tollen Frauen der 80er, liegt es wohl nahe, Monika Treuts Jungfrauenmaschine unter die neue Generation von Feministinnen bringen zu wollen. Zu diesem Anlass hat man den Film gleich digital restauriert und in dieser Fassung wurde er auch auf der Berlinale gezeigt, wo Monika Treut auch mit dem Teddy Special Award 2017 für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Dieser Award geht an FilmemacherInnen, die sich in ihren Filmen mit queeren Inhalten auseinandersetzen.

    Der Titel des Films klingt brutal. Der Film selbst ist aber überraschend zahm, um nicht zu sagen zuckersüß. Dorothee Müller, gespielt von der erfrischenden jungen Ina Blum, ist ein unschuldiges Mädchen, das auf der Suche nach etwas ist, das sie nicht zu finden scheint: die romantische Liebe. Trotz ihrem Eifer, wird die Liebe für Dorothee ihrem Ruf nicht gerecht. Doch Dorothee gibt nicht auf. Als Journalistin beschließt sie, die Liebe auf professionellem Wege zu untersuchen. Die Orte, an denen Dorothee versucht, das Geheimnis der Liebe zu lüften, sind mehr als amüsant - etwa im Büro eines genusssüchtigen Hormonforschers. Dieser wird gespielt vom tollen, aber leider 2015 verstorbenen österreichischen Schauspieler und Regisseur Peter Kern, der in dieser Rolle für den einen oder anderen Lacher sorgt und Wiener Charme in einer (west-)deutschen Filmproduktion versprüht.

    Doch Dorothees Recherchen kommen in Hamburg nicht zu ihrem Ziel. Daher versucht sie ihr Glück in San Francisco. Auch Regisseurin Monika Treut hat in den 80ern Deutschland den Rücken zugekehrt. Das damalige Deutschland war laut Treut noch nicht bereit für sie. Ihre Heimat war nicht der Ort, an dem sie ihre Ideen realisieren konnte. Daher ist auch sie nach San Francisco und New York ausgewandert. Auch Dorothee fühlt sich sichtlich freier, als sie kalifornischen Boden betritt. Der Tapetenwechsel zaubert ihr sofort ein Lächeln ins Gesicht und der Zuschauer schöpft Hoffnung: kommt sie hier zu ihrer lang ersehnten Antwort?

    In San Francisco kommt Dorothee der Antwort kein bisschen näher. Aber sie entfernt sich von der Frage. Als sie auf ein paar junge, offene Frauen trifft, die einen Strip-Club für Frauen und von Frauen betreiben, erkennt Dorothee, dass Sex auch losgelöst von Liebe stattfinden – und auch noch Spaß machen kann. Anstatt der gängigen Vorstellung von Liebe nachzueifern, geht Dorothee immer mehr in ihrer eigenen Sexualität auf. Dabei hilft ihr etwa die bezaubernde Susi Sexpert, die uns ihren Koffer voller Dildos präsentiert als wäre es das Selbstverständlichste auf dieser Welt.

    Treuts Umgang mit Sexualität muss vor allem in den 80ern erfrischend gewesen sein. Er ist es aber auch heute. Offen, lebensfroh und mit viel Spaß an der Sache gehen die Frauen im Film durchs Leben und sind nicht nur für Dorothee Müller eine Inspiration, sondern für alle modernen Frauen. „Die Jungfrauenmaschine“ lädt ein, Illusionen hinter sich zu lassen und das Leben in all seinen Facetten zu erforschen, und ist dabei erfrischend und aktuell, auch wenn der Film bald dreißig Jahre alt wird.
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    13.03.2017
    22:45 Uhr