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    Erinnerungen einer Präsidentengattin.

    Am 22.November 1963 sollte sich das Leben von Jacqueline Kennedy (Natalie Portman) für immer verändern: Ihr Mann John F. Kennedy, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, fällt einem Attentat zum Opfer. Sie sitzt im Todesfahrzeug direkt neben ihm, muss den Tathergang hilflos mitansehen. Nur eine Woche später trifft sie im Landhaus der Familie einen Journalisten (Billy Crudup), schildert die Ereignisse des verhängnisvollen Herbsttages und gewährt ihm einen Einblick in ihr Leben danach.

    Untermalt wird die Erzählung von einer Fernsehaufzeichnung aus dem Jahr 1962, in der Jackie ein Fernsehteam durch das Weiße Haus führte. Damals wie auch in der jetzigen Situation sieht man sie sehr darauf bedacht, die öffentliche Wahrnehmung zum Positiven zu beeinflussen. Während es im Jahr zuvor jedoch noch um die Festigung der Position ihres Mannes ging, muss sie nun sein Vermächtnis und die Erinnerung an ihn bewahren.

    Die Handlung von „Jackie“ basiert nicht auf einem Roman oder einer fiktiven Geschichte, sondern auf realen Begebenheiten, die einen wichtigen Wendepunkt der amerikanischen Geschichte darstellen. Das Leben John F. Kennedys und vor allem seine Ermordung waren bisher mehrfach Gegenstand verschiedener Verfilmungen (z.B. Oliver Stones „JFK – Tatort Dallas“) oder Serienadaptionen (z.B. die Mysteryserie „11.22.63“ mit James Franco). Bei „Jackie“ jedoch wird ein besonderer Fokus gesetzt, wird doch die Geschichte aus der Sicht der First Lady erzählt. Wie hat sie den Schicksalsschlag bewältigt? Wie fühlt es sich an, plötzlich nicht nur den Ehemann zu verlieren, sondern auch das gewohnte Leben hinter sich lassen zu müssen?

    Es sind Bilder, die um die Welt gingen: Jaqueline Kennedy, die First Lady der USA, steigt in ihrem rosafarbenen Kostüm aus dem Flugzeug. Auf der Kleidung sind deutlich Blutspritzer zu erkennen. Bis heute verbindet man mit dem Outfit den Zwischenfall in Dallas. So ist es nicht verwunderlich, dass es auch im Film umfangreiche Verwendung fand. Auch hier tritt Jackie blutüberströmt aus dem Flugzeug, folgt gemeinsam mit JFKs Bruder Robert (Peter Sarsgaard) dessen Sarg.

    Was Larraíns Herangehensweise an die Umsetzung des Drehbuchs von Noah Oppenheim besonders macht, ist der Einsatz von detailgetreuen Nachstellungen alter Film- und Fernsehaufnahmen - sei es die zuvor genannte Fernsehaufzeichnung oder Berichte über den Tod des Präsidenten. Natalie Portman studierte dafür die Aufnahmen sehr genau, sah sie laut eigener Aussage bei jeder sich bietenden Gelegenheit mehrmals täglich.

    Wo wir schon beim zentralen Punkt sind, wenn man „Jackie“ betrachtet: Natalie Portman. Der Film steht und fällt mit ihrer Performance, stellt sie nicht nur dir Protagonistin des Films dar, sondern auch die Figur, die wir in nahezu jeder Szene begleiten. Portman, für die die Rolle der First Lady ihre Chance auf den zweiten Oscar (nach „Black Swan“) darstellt, hat die Mimik und die Stimme perfekt einstudiert. Sie schafft es dadurch, gleichzeitig ein intimes Porträt einer Frau heraufzubeschwören sowie eine wichtige Figur der Geschichte Amerikas darzustellen.

    Vor allem die Szene, in der sie sich an JFKs "Camelot" erinnert, durch die Räume des Weißen Hauses läuft, total aufgelöst und mit einem Scotch in der Hand, sowie untermalt von der Musik besagten Musicals gehört wohl zu den eindrucksvollsten des ganzen Films.
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    30.09.2018
    23:55 Uhr
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    Lass sie nie vergessen sein, die scheinenden Momente

    Exklusiv für Uncut von den Filmfestspielen in Venedig
    Natalie Portman scheint diese Rolle wie auf den Leib geschrieben: Die traurnde Witwe, die jedoch seit dem Tod ihres Mannes ihren Stolz umso mehr aufgebauscht hat. So sitzt sie da in ihrem Lehnstuhl, hochnäsig mit der Zigarette schnippend, und vertraut einem Journalisten (Billy Crudup) ihre persönlichsten Erinnerungen an, im gleichen Atemzug wie sie ihm verbietet, irgendetwas davon zu veröffentlichen. Das alles in einer gelblichen Färbung, die an einen Instagram Filter erinnert, und uns signalisiert, dass wir und in der Gegenwart des Films befinden. Was ist die Gegenwart? Wir befinden uns in den 60er Jahren, und die Zeit in der die Zeitungen begannen, weniger idealistisch über Jacqueline Bouvier Kennedy (Natalie Portman), Frau des verstorbenen Präsidenten zu schreiben. Für sie ist es essentiell wichtig, die Vergangenheit in einer Weise festzuhalten. Auch früher schon, als sie viel Geld investierte um die Möbel im Weißen Haus zu renovieren und das alte Hab und Gut instand zu halten. Über ihre scheinbar so bemerkenswerte Arbeit wurde sogar ein Film gedreht (ja - schon wieder ein Film im Film) – diesmal nicht in sepia, sondern monochrom, und mit der Realistik eines Originals... Wieder eine neue Ebene der Realität.

    Doch wie real ist es wirklich, was da in der scheinbaren Dokumentation gezeigt wird? Jackie spricht von ihrem Mann John F. Kennedy, dem ehrenhaften Helden… und bricht selbstverständlich in Tränen aus. Wer steht ihr jetzt noch zur Seite? Und zwar, man sehe und staune: Es ist Greta Gerwig, in der Rolle der huldigenden persönlichen Assistentin. Ihr ruhiger und liebevoller Blick bringt die First Lady immer wieder in Fassung. Und das ist oft nötig, bei so einem unfassbaren Trauma, das hier verarbeitet werden muss. Der Film zirkuliert um das Erleben des Todes von John F. Kennedy, in einem Auto, direkt neben Jackie, getroffen von einer Kugel. Der Film stochert jedoch nicht zu viel in den Leichen, was ich für eine vorteilhafte Entscheidung halte: Obwohl es um den Tod von Kennedy geht, bleiben wir ganz nah an der Hauptperson, seiner Frau. Wie geht sie mit dem Verlust um, wo geht sie hin, wo sind ihre Gedanken, und wem kann sie jetzt noch vertrauen?

    „Don't let it be forgot, that once there was a spot, for one brief shining moment that was known as Camelot.“ Das Lieblingslied des Ehepaars trägt uns durch den Film und unterstreicht wunderschön das Grundthema: Die Erinnerungen werden konserviert. Doch es müssen ja auch die richtigen Erinnerungen sein, um das gute Image hochzuhalten und dafür wurde der Journalist angeheuert, der extremes Feingefühl beweist, um auf die sensible Ms. Kennedy und ihre Erwartungen einzugehen.

    Im Endeffekt scheint es eine Therapie zu sein, alles Erlebte zu erzählen, und dies lässt uns, auch mit Hilfe von gekonnt geschnittenen zeitlichen Abschnitten, ruhigen und durchkomponierten Bildern und einem schaurig schönen, dramatisch-disharmonischen Soundtrack (der im Kopf bleibt) einen Blick in das Leben einer bemerkenswerten Persönlichkeit werfen.
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    08.10.2016
    09:07 Uhr
    • Bewertung

      ach und zur musikalischen Einstimmung:

      https://www.youtube.com/watch?v=D_hFoZ6lKQM
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      18.01.2017
      22:16 Uhr