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    kleiner mann tate

    das erste wort, das wir von fred hören, ist "koffer". der kleine mann sitzt zwar noch im kinderstuhl, mutter dede (jodie foster) will ihm noch das richtige wort für seine frühstücksflocken eintrichtern, bricht aber unvermutet ab: "koffer" hat fred auf der unterseite seines tellers abgelesen. jahre später – fred ist inzwischen sieben, acht jahre alt – erregt sein außerordentliches talent in mathematik, physik, aber auch musik oder malerei das interesse von jane grierson (dianne wiest), die sich die förderung talentierter kinder zur lebensaufgabe gemacht hat. mit wissenschaftlich erprobten fördermethoden, hinführung zu kulturellen lehrinhalten wie ständigen museumsbesuchen und makrobiotischer ernährung versucht sie die bildungsdefizite der hart arbeitenden kellnerin und alleinerziehenden mutter auszugleichen. doch so einfach wie in den lehrbüchern ist das leben nicht: fred trinkt zwar brav von seinem gesunden saft, reihert ihn aber sofort auf den edlen boden. nicht aus trotz, denn er entschuldigt sich, kleinlaut – und erobert die herzen des kinopublikums im sturm.

    aber nicht nur fred, das kind das (noch) keine freunde hat, weil er eben anders ist als die altersgenossen in der nachbarschaft, das vor lauter sorge um das ozonloch und die zukunft der menschheit mit magengeschwüren zu kämpfen hat und trotzdem nichts lieber isst als fastfood und cola – nicht nur dieses wunderbare kind erregt unsere sympathie, sondern das liebevolle verhältnis zwischen der mutter, die für ihren kleinen mann klaviertasten an die wand malt, und ihrem einsamkeitsgeplagten sohn: fred soll nicht nur in seiner intelligenz gefördert werden, er soll auch kind sein dürfen. und so endet die anfängliche rivalität um erziehung und emotionale bindung zwischen liebender mutter und ehrgeiziger lehrerin nicht wie vielleicht erwartet in einer climax von eifersucht und bevormundung, sondern in einer einvernehmlichen lösung – zum wohle des kindes. eine lösung, die man nicht nur überforderten eltern und ihren genialen sprösslingen wünschen möchte, sondern allen scheidungskindern.

    fazit: jodie foster hat mit ihrem regieerstling einen kleinen, feinen film geschaffen: wundervoll gespielt, unprätentiös und direkt aus dem leben gegriffen (jodie foster, selbst ein außergewöhnlich begabtes kind, ist seit ihrem dritten lebensjahr im showgeschäft), herzerwärmend und immer wieder zum anschauen – und wertvoller als ein dutzend erziehungsratgeber.
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    09.05.2015
    21:56 Uhr