Pioneer Heroes

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Forumseintrag zu „Pioneer Heroes“ von patzwey

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patzwey (15.02.2015 02:38) Bewertung
Traum vs. Wirklichkeit
Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
1987 war die kommunistische Traumwelt noch in Ordnung. Die drei selbstbewussten Kinder Sergeyev, Katya und Olga träumen davon, Wladimir-Iljitsch-Lenin-Pioniere zu werden. In einer Zeremonie schwören sämtliche Kinder, den Idealen der kommunistischen Partei zu dienen. Das durch die allgegenwärtige Propaganda verklärte Weltbild haben sie verinnerlicht. Vorbildlich suchen sie in ihrer Freizeit in bester Knickerbocker-Bande-Manier feindliche Spione. Der Gewissenskonflitkt Katyas, keine gute Pionierin sein zu können, ohne den illegal Wodka brennenden Großvater zu verpfeifen, ist sinnbildlich und eindrucksvoll durch surrealistische Traumsequenzen bebildert. Die Geschichte der Kinder ist auch klar die Stärke des Films. Kindliche Unschuld vermischt sich mit einem verzerrten Weltbild, was unweigerlich auch jede Menge Situationskomik mit sich bringt.

Damals ahnten die drei noch nicht, dass sie einmal der letzten Generation von Pionieren angehören sollten. Mehr als 25 Jahre später hat sich die Zukunft dann doch etwas anderes entwickelt, als sie es sich 1987 noch erträumt hatten. Olga kämpft nun mit Angstzuständen und Panikattacken und Sergeyev droht, an seinem computerfixierten, ultrakapitalistischen Beruf zu zerbrechen. Seine innere Leere füllt er mit Ego-Shootern. Filmisch sind diese beiden Zeitebenen gekonnt ineinander verwebt. Kindliche Träume und Realität werden gegenüber gestellt und kommentieren sich gegenseitig. Halt finden die durchs Leben driftenden Individuen jedoch nie. Neben zutiefst persönlichen Schicksalen, tritt auch das Schicksal der Sowjetunion ans Tageslicht, ohne sich jedoch gänzlich von Klischees befreien zu können. Im Gegensatz zu 1987 ist der Film nun auch visuell um einiges trister. Wirklich in Fahrt kommt das ambitionierte Konzept nie. Denn wie das Spiel mit den Zeitebenen, sind auch Leben und Probleme der Protagonisten und Protagonistinnen konstruiert. Schicksalsschläge und Handlungen der Hauptakteure bebildern zwar das Konzept, wirken dann aber doch zu unlogisch und zu bemüht, um aus einer sehr guten Idee einen sehr guten Film zu machen.
 
 

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