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    Pionery-geroi

    Sehr netter Film über die letzte Generation Russlands kommunistisch erzogener Kinder, die heute alle Mitte dreißig sind und noch immer ihren Platz in einer nicht mehr existierenden Welt suchen und drohen, daran zu zerbrechen, ihre alten Werte nicht in einer neuen Moderne anwenden zu können.

    Das Veliky Novgorod der 1987 ist toll dargestellt. Ein Haufen in gleichen Schuluniformen gezwängte Kinder, die alle den Traum verfolgen, junge Pioniere zu werden, geben sich am Schulhof wilden Verschwörungstheorien hin und versuchen Spione zu entlarven, anstatt zu spielen und Pausenbrote zu tauschen. Großes Gedankengut hat man in diese kleinen Köpfe gesteckt und zwar eines, dass die armen gehirngewaschenen Kinder noch nicht verarbeiten können. Helden ihrer Gesellschaft möchten sie sein, ihrem Land einen Dienst tun. Große Träume für die sich die Kinder ebenso großen Druck machen.

    Heute sind diese Kinder längst erwachsen und von den Idealen ihrer Kindheit ist nichts mehr übrig. Ihr unaufhörlicher Kampf, diese Leere zu füllen, ist aber nicht all zu spannend anzusehen. Der Zusammenhang ist nicht immer ganz vollziehbar und die tristen Schicksale der Protagonisten scheinen keine besonders gelungene Repräsentation ihrer Generation zu sein. Man hätte die zwei Erzählebenen besser verknüpfen sollen, um einen in sich stimmigen Film daraus zu machen. So bleibt er zwar nett, aber nicht ohne Schwächen.
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    17.02.2015
    09:48 Uhr
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    Traum vs. Wirklichkeit

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2015
    1987 war die kommunistische Traumwelt noch in Ordnung. Die drei selbstbewussten Kinder Sergeyev, Katya und Olga träumen davon, Wladimir-Iljitsch-Lenin-Pioniere zu werden. In einer Zeremonie schwören sämtliche Kinder, den Idealen der kommunistischen Partei zu dienen. Das durch die allgegenwärtige Propaganda verklärte Weltbild haben sie verinnerlicht. Vorbildlich suchen sie in ihrer Freizeit in bester Knickerbocker-Bande-Manier feindliche Spione. Der Gewissenskonflitkt Katyas, keine gute Pionierin sein zu können, ohne den illegal Wodka brennenden Großvater zu verpfeifen, ist sinnbildlich und eindrucksvoll durch surrealistische Traumsequenzen bebildert. Die Geschichte der Kinder ist auch klar die Stärke des Films. Kindliche Unschuld vermischt sich mit einem verzerrten Weltbild, was unweigerlich auch jede Menge Situationskomik mit sich bringt.

    Damals ahnten die drei noch nicht, dass sie einmal der letzten Generation von Pionieren angehören sollten. Mehr als 25 Jahre später hat sich die Zukunft dann doch etwas anderes entwickelt, als sie es sich 1987 noch erträumt hatten. Olga kämpft nun mit Angstzuständen und Panikattacken und Sergeyev droht, an seinem computerfixierten, ultrakapitalistischen Beruf zu zerbrechen. Seine innere Leere füllt er mit Ego-Shootern. Filmisch sind diese beiden Zeitebenen gekonnt ineinander verwebt. Kindliche Träume und Realität werden gegenüber gestellt und kommentieren sich gegenseitig. Halt finden die durchs Leben driftenden Individuen jedoch nie. Neben zutiefst persönlichen Schicksalen, tritt auch das Schicksal der Sowjetunion ans Tageslicht, ohne sich jedoch gänzlich von Klischees befreien zu können. Im Gegensatz zu 1987 ist der Film nun auch visuell um einiges trister. Wirklich in Fahrt kommt das ambitionierte Konzept nie. Denn wie das Spiel mit den Zeitebenen, sind auch Leben und Probleme der Protagonisten und Protagonistinnen konstruiert. Schicksalsschläge und Handlungen der Hauptakteure bebildern zwar das Konzept, wirken dann aber doch zu unlogisch und zu bemüht, um aus einer sehr guten Idee einen sehr guten Film zu machen.
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    15.02.2015
    02:38 Uhr