American Sniper

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Forumseintrag zu „American Sniper“ von r2pi


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r2pi (22.01.2015 00:17) Bewertung
american legend
die menschheit kann man einteilen in wölfe, schafe und schäferhunde – und chris kyles vater wird in seiner familie keine schafe aufziehen, und er wird jedem seiner söhne den arsch versohlen, sollten sie zu wölfen werden... für die verfilmung der biografie des (mit über 160 bestätigten abschüssen) tödlichsten scharfschützen der US navy SEALs war clint eastwood wohl logische wahl: einstmals selber filmheld und immer noch verehrer männlicher tugenden, legt er seinen fokus ganz auf die persönlichkeit kyles, auf seinen beschützerinstinkt und seinen willen, einem größeren ganzen – dem "greatest country on earth" – zu dienen.
dass der krieg, den er da auszufechten hat, weder eine moralische noch rechtliche grundlage hat, kriegen im lauf der zeit andere mit, aber nicht er – heldentum ist eine frage des charakters, nicht der politischen bildung.

und so zeigt eastwood seinen helden vorwiegend im kriegseinsatz, lauernd auf dächern oder hinter einer mauer, im zielfernrohr ausschau haltend nach verdächtigen bewegungen: da eine frau, die etwas unter ihrem umhang verbirgt, hervorholt, ihrem kleinen sohn zusteckt... eine granate... peng. peng. ein anderer bub, der die waffe eines soeben getöteten an sich nimmt, auf die US-panzer am ende der straße richtet... schießen oder nicht schießen? der bub überlegt sich's anders, wirft die waffe zu boden, verschwindet... ein einziger iraker bekommt ein gesicht; selber scharfschütze, wird er bald zum persönlichen gegner kyles hochstilisiert. unter seinen kameraden hat sich der mittlerweile den spitznamen "legend" verdient – für die iraker ist er der "devil of ramadi".

es war nicht anzunehmen, dass eastwood wie bei flags of our fathers/letters from iwo jima die geschichte auch von der anderen seite beleuchten wird – was mir aber fehlt, ist eine breitere humane sichtweise: was macht der krieg aus menschen, wie verändert er sie, (wie) kann man danach noch ein normales leben führen? kurz abgehandelt bilder vom zurückgekehrten kyle beim barbeque, wie er einen bissigen hund fast erwürgt; kyle, der in anwesenheit seiner kinder die waffe auf seine frau richtet; letztendlich sein gewaltsamer tod – erschossen von einem veteranen mit PTSD auf einer shooting range, fast beiläufig erwähnt im abspann... ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, dass eastwood selber nicht weiter weiß – heldengeschichten zu erzählen ist einfacher und sexier als die verheerenden konsequenzen von krieg und militarisierter gesellschaft zu schildern.

fazit: nach etlichen flops wieder ein straff inszenierter und handwerklich beachtlicher eastwood-streifen, mit einem überzeugenden hauptdarsteller (bradley cooper), der mit seiner rolle geradezu zu verschmelzen scheint. hätte sich eastwood über die verfilmung von kyles biografie hinaus mehr mit den schattenseiten des heldentums beschäftigt, wäre american sniper vielleicht ein auch inhaltlich bereichernder film geworden.
 
 

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