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13 Bewertungen
67.3% Bewertung
  • Bewertung

    Der Scharfschütze

    Clint Eastwood hat sich die Lebensgeschichte von Chris Kyle (Bradley Cooper) des besten amerikanischen Scharfschützen (160 Tötungen) vorgenommen. Wir sehen kurz seine Kindheit mit einem strengen Vater, seine Erfahrungen als Rodeo-Reiter und das Zusammentreffen mit seiner späteren Frau Taya (Sienna Miller).
    Chris will sein Land verteidigen und seinen Kameraden helfen.
    Der Film bietet eine ausbalancierte Mischung aus militärischen und persönlichen Aspekten. Die Tatsache, dass man ihn hier verbal zum Helden macht, ist noch lange kein Beweis, dass hier Heldenverehrung getrieben wird. Eastwood dokumentiert eher den amerikanischen Patriotismus. Man ist geschockt von Herzzerreißendem auf beiden Seiten: ein netter Kollege in Uniform hat eben noch einen Witz gemacht – Paff! – tot ist er. Oder Chris erschießt einen Buben, der mit einer Bombe auf die Gis zuläuft, die er von seiner Mutter bekommen hat. Daran ist nichts Voyeuristisches. Viel eindringlicher sind die Spätfolgen beim Scharfschützen, der nicht aufhören kann, obwohl er es längst könnte und der oft akustisch nicht mehr erreichbar ist. Er hört immer noch den Kampflärm und die Detonationen. Auf gewisse an sich harmlose Szenen reagiert sein Aggressionspotential. Er hat sich verändert. Ehefrau Taya merkt das. Sie ist nicht die einzige kritische Stimme. Und das anfänglich überbordende Eheglück weicht einer kühlen Distanzierung unter den Partnern. Eastwood übertreibt es nicht ins Melodramatische etwa. So geht auch das Ende von Chris in Ordnung: ein etwas längerer Blick von ihm zurück, dann die finale Info im Nachspann.
    Man kann darüber streiten, ob es ein Anti-Kriegsfilm ist oder nicht, ob hier einem nationalen Helden ein Denkmal gesetzt wird oder nicht.
    Zum Plot gibt es zweifellos ein paar logische Fragen und die Spannung ist mäßig bis schwankend. Es ist eher ein Versuch einer Biopic einer ganzen Nation auf dem Prüfstand. Leidgeprüft, stolz und unbeirrbar.
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    04.12.2017
    12:32 Uhr
  • Bewertung

    Face Off

    Bradley Cooper und seine verschiedenen Gesichter überraschen mich immer wieder aufs Neue. In diesem Film hat er mir gezeigt, welche verschiedenen Fassaden er wirklich drauf hat. American Sniper hat einen außerordentlich guten Ruf, aus diesem Grund habe ich mir den Film angesehen. Der ganze Film bietet ein stimmiges Gesamtkonzept, aber leider sind für mich zu viele "Tour-Szenen" und zu wenig "Gefühls"-Szenen vorhanden. Alles ist sehr amerikanisch, ist ja auch kein Wunder. Jedoch erfährt man viel zu wenig über Chris' Inneren Zustand und es wirkt unliebevoll zusammengestellt. Das der Film auf einer wahren Begebenheit basiert bietet auf jeden Fall Pluspunkte für den Film, rettet aber leider nichts an der Story, die noch viel viel besser hätte sein können.
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    11.10.2015
    18:20 Uhr
  • Bewertung

    Held oder nicht?

    Diese Stilisierung des Helden war für mich gar nicht so vorhanden, muss ich zugeben. Ich fand den Film in dieser Hinsicht recht offen. Klar, man sieht wie die Kameraden Kyle lieben und ihn "Legend" taufen, aber man sieht eben auch, wie kaputt und dumm dieser Mann eigentlich ist. Wirklich beurteilt wird das imho nicht und die Amerikaner sehen eben einen Helden und die Europäer sehen das kritischer...

    Die Baby-Puppe war wirklich peinlich. Und ich hab während der Schießereien völlig das Interesse verloren. Aber alles in allem war's okay.
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    06.03.2015
    09:56 Uhr
  • Bewertung

    Klebt am Helden(tum) und übersieht so die wahren Themen

    „American Sniper“ hat viel gemeinsam mit „The Hurt Locker“, nur dass statt einem Bombenentschärfer ein Scharfschütze im Fokus steht. Natürlich gibt das dramaturgisch weit weniger her, aber das Prinzip „ein Mann – sein Ziel – ein Schuss“ wird effektvoll durchdekliniert und -repetiert.

    Bradley Cooper gibt dem furchterregenden Texaner Chris Kyle (Engstirnigkeit und Brutalität sind dem realen Vorbild ins Gesicht geschrieben) ein zu freundliches und mitfühlendes Gesicht. Aber eine tolle, nuancierte schauspielerische Leistung von ihm, unter anderem den Shellshock vermittelt er glaubhaft. Sienna Miller darf die meiste Zeit nur die verzweifelt um Kyles Anwesenheit und Aufmerksamkeit ringende Ehefrau Taya spielen. Von vielleicht unfreiwilliger leiser Komik ist, dass fast auf jeden solchen Streit ein Schnitt folgt und Kyle sich für eine neue Tour im Kriegsgebiet verpflichtet hat.

    Es gibt die Magie von „a job well done“ – ein guter Mann am richtigen Ort, nur dass der Ort hier ganz und gar nicht richtig war. Unverzeihlich, dass kein einziges Mal darauf hingewiesen wird, dass die USA im Irak nichts verloren hatten und stattdessen eine irakische Verbindung zu 9/11 suggeriert wird. Die Decisionmakers rund um George W. Bush waren eher Bullys, die nur nach ihren Interessen (Öl) handeln, und Chris Kyle somit Handlanger dieser Bullys. Das wäre doch eine erkundenswerte Ecke gewesen, aber Kyle darf sich bis zum Ende als rechtschaffener Schäferhund gerieren.

    PS: Die Babypuppe ist peinlich. Selten so einen offensichtlichen Schnitzer gesehen.
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    27.02.2015
    17:14 Uhr
  • Bewertung

    american legend

    die menschheit kann man einteilen in wölfe, schafe und schäferhunde – und chris kyles vater wird in seiner familie keine schafe aufziehen, und er wird jedem seiner söhne den arsch versohlen, sollten sie zu wölfen werden... für die verfilmung der biografie des (mit über 160 bestätigten abschüssen) tödlichsten scharfschützen der US navy SEALs war clint eastwood wohl logische wahl: einstmals selber filmheld und immer noch verehrer männlicher tugenden, legt er seinen fokus ganz auf die persönlichkeit kyles, auf seinen beschützerinstinkt und seinen willen, einem größeren ganzen – dem "greatest country on earth" – zu dienen.
    dass der krieg, den er da auszufechten hat, weder eine moralische noch rechtliche grundlage hat, kriegen im lauf der zeit andere mit, aber nicht er – heldentum ist eine frage des charakters, nicht der politischen bildung.

    und so zeigt eastwood seinen helden vorwiegend im kriegseinsatz, lauernd auf dächern oder hinter einer mauer, im zielfernrohr ausschau haltend nach verdächtigen bewegungen: da eine frau, die etwas unter ihrem umhang verbirgt, hervorholt, ihrem kleinen sohn zusteckt... eine granate... peng. peng. ein anderer bub, der die waffe eines soeben getöteten an sich nimmt, auf die US-panzer am ende der straße richtet... schießen oder nicht schießen? der bub überlegt sich's anders, wirft die waffe zu boden, verschwindet... ein einziger iraker bekommt ein gesicht; selber scharfschütze, wird er bald zum persönlichen gegner kyles hochstilisiert. unter seinen kameraden hat sich der mittlerweile den spitznamen "legend" verdient – für die iraker ist er der "devil of ramadi".

    es war nicht anzunehmen, dass eastwood wie bei flags of our fathers/letters from iwo jima die geschichte auch von der anderen seite beleuchten wird – was mir aber fehlt, ist eine breitere humane sichtweise: was macht der krieg aus menschen, wie verändert er sie, (wie) kann man danach noch ein normales leben führen? kurz abgehandelt bilder vom zurückgekehrten kyle beim barbeque, wie er einen bissigen hund fast erwürgt; kyle, der in anwesenheit seiner kinder die waffe auf seine frau richtet; letztendlich sein gewaltsamer tod – erschossen von einem veteranen mit PTSD auf einer shooting range, fast beiläufig erwähnt im abspann... ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, dass eastwood selber nicht weiter weiß – heldengeschichten zu erzählen ist einfacher und sexier als die verheerenden konsequenzen von krieg und militarisierter gesellschaft zu schildern.

    fazit: nach etlichen flops wieder ein straff inszenierter und handwerklich beachtlicher eastwood-streifen, mit einem überzeugenden hauptdarsteller (bradley cooper), der mit seiner rolle geradezu zu verschmelzen scheint. hätte sich eastwood über die verfilmung von kyles biografie hinaus mehr mit den schattenseiten des heldentums beschäftigt, wäre american sniper vielleicht ein auch inhaltlich bereichernder film geworden.
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    22.01.2015
    00:17 Uhr