Kiss the Cook

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Forumseintrag zu „Kiss the Cook“ von r2pi


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r2pi (31.05.2015 23:32) Bewertung
back to basics
was esse ich? wie lebe ich? man muss sich nur die vielen lebensratgeber und kochbücher, ernährungsrichtlinien und die wie die sprichwörtlichen schwammerln aus dem boden geschossenen foodblogs vergegenwärtigen – schon wird klar: kochen, essen und der umgang mit den "kleinen" dingen des alltags sind teil einer lebensphilosophie.

carl casper (jon favreau, zugleich regisseur und drehbuchautor) ist chefkoch des gauloise im kalifornischen brentwood, dem er, lange jahre zuvor, durch kreativität und inspiration zu ansehen und hauben verholfen hatte. doch kreativität und innovation sind beim eigner des restaurants (dustin hoffman) nicht länger willkommen, und so kommt was kommen muss: nach der vernichtenden kritik eines foodbloggers (oliver platt), der neuen richterinstanz über wohl und wehe, gerät der chefkoch in eine sinnkrise, schmeißt den job als küchenlakai hin und begibt sich mit einem aufgemotzten foodtruck, seinem zehnjährigen sohn (sympathisch und talentiert: emjay anthony) aus einer geschiedenen ehe und dem ehemaligen sous-chef des gauloise (john leguizamo) auf eine fahrt quer durch amerika...

gleich die ersten bilder des films vermitteln: da weiß einer wovon er spricht – die gurken werden in windeseile geschnitten, zwiebeln und petersilie professionell gehackt, andächtig werden die toastscheiben auf dem gefetteten grill hin- und herbewegt, dann sanft angehoben, um den richtigen bräunungsgrad zu ermitteln, mit sicheren handbewegungen wird ausgarniert und serviert... und zum richtigen essen gehört natürlich auch die richtige musik (latin jazz, new orleans jazz und blues), aber auch eine "richtige" story: die ganzen querelen am arbeitsplatz und der alltägliche stress in der küche (der sogar für den zuschauer spürbar wird) sind offensichtlich nicht nur für das scheitern seiner ehe verantwortlich, sondern auch der grund für die entfremdung seines sohnes – eine entfremdung, die nicht durch gemeinsame kinobesuche, sondern erst durch gemeinsames arbeiten, gemeinsames lernen (stichwort: twitter) und durch teilhabe am alltag des gegenübers überwunden werden kann.

fazit: dass jon favreau, als regisseur von mainstream-blockbustern wohl jedem ein begriff, in diesem kleinen film seine eigenen erfahrungen (im besten sinne) verwurstet hat, hat er selbst bestätigt – in das drehbuch zu "kiss the cook" sind seine eigene rolle als schwer beschäftigter vater, das zerrissene zuhause und die vergleichbare berufliche situation als "chef" eines gut eingespielten, aber nur mehr auf gewinnmaximierung ausgerichteten unternehmens mit eingeflossen, ebenso wie die kreative auszeit von großen studioproduktionen: "back to basics" lautete favreaus devise – zurück zu den wurzeln (im independent-bereich), mit weniger geld, dafür mit einer (rück)besinnung auf die kleinen, wesentlichen dinge des lebens. nichts weltbewegendes, aber eine durchaus vergnügliche, (auch küchentechnisch) gekonnt präsentierte und bis in die nebenrollen prominent besetzte und sympathisch gespielte suche nach dem rechten lebensweg – mit mitreißender gute-laune-musik und vielleicht ein paar nachdenklichen momenten.

NB: sitzen bleiben – nach dem abspann gibt’s noch eine kleine zugabe!
 
 

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