Leviathan

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Forumseintrag zu „Leviathan“ von r2pi

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r2pi (25.03.2015 21:19) Bewertung
macht, ohnmacht und wodka für alle
"kannst du den leviathan ziehen mit dem haken und seine zunge mit einer schnur fassen? wenn du deine hand an ihn legst, so gedenke, dass es ein streit ist den du nicht ausführen wirst..." (aus dem buch hiob)

kolya will nicht weichen: sein kleines haus, auf einem hügel gelegen und mit herrlichem ausblick auf die barentssee, wurde gerade enteignet – verfahrensrechtlich nicht unumstritten, und überdies mit einer geradezu lächerlichen entschädigung. dmitri, ein befreundeter anwalt aus moskau, hat gegen den korrupten bürgermeister vadim, einen feisten, selbstgefälligen apparatschik, ein as im ärmel: ein umfangreiches dossier, das nicht nur dessen wiederwahl gefährden, sondern sogar gefängnis bedeuten könnte. ein vergleich scheint in sicht...

doch die russische variante von michael kohlhaas schlägt um: liegt es wiklich an der "russischen seele", dass, wie zvyagintsev meint, "die idee des freiheitskampfes" mit der russischen realität "nicht harmoniert", dass ab einem bestimmten punkt niemand bereit ist, bis zum äußersten zu gehen – und lieber fatalistisch die sorgen im wodka ertränkt?

der leviathan, das biblisch-mythologische seeungeheuer, vor dessen allmacht jeder menschliche widerstand zuschanden werden muss, ist aber nicht nur hobbes'sche allegorie auf den übermächtigen staat – mit dem angespannten verhältnis zum halbwüchsigen sohn und und der ehe in der sackgasse, bricht die stille, junge stiefmutter aus. eine "hiobs-geschichte" verhängnisvoller ereignisse setzt sich in gang, überwältigend, zermalmend. "das wird ihn bescheidenheit lehren", tönt der bürgermeister – selbstzufrieden und erleichtert.

fazit: schroff, schwermütig und fatalistisch erzählt andrey zvyagintsev eine parabel von korruption, rechtlosigkeit und oligarchischer gewalt, einem fatalen bündnis von staatlicher autorität und orthodoxer frömmelei – ein priesterlicher töstlicher verweis auf hiob und die allmacht gottes schrillt aber umso falscher, als sich die vertreter der obrigkeiten ebendiese allmacht anmaßen. heute genauso wie früher...
 
 

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