Boyhood

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Forumseintrag zu „Boyhood“ von Oh Honey

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Oh Honey (07.02.2015 00:41)
Vielsagend...
... und nichtssagenden zugleich.
Mason, ein amerikanischer 6-Jähriger, lebt mit seiner Mutter und seiner Schwester Samantha in einem Ort in Texas; sein Vater lebt getrennt von Ihnen. Dies ist der Startpunkt einer Reise, bei der die Zuschauer das Aufwachsen und "Coming-Of-Age" von Mason verfolgen, von neuen Männern im Leben seiner Mutter, über Umzüge und neue Freunde, der ersten Dose Bier und der ersten Zigarette, der ersten Großen Liebe und schlussendlich dem ersten Tag am College. Ein durchschnittliches Leben eines Jungen in Amerika, mit Höhen und Tiefen.

Ein äußerst gewagtes Projekt, bei dem man erst am Ende wusste, ob es fruchten würde. Kinder, die bereit sind 12 Jahre lang mitzumachen (Linklakers Tochter, die die Schwester spielte, bat ihren Vater darum, im Film sterben zu dürfen), eine Arbeit mit Kindern, die zu Teenagern wurden und die "awkward years" durchlebten, das alles erfordert so viel Enthusiasmus und Liebe für die Arbeit, dass der Film rein aus diesem Blickwinkel betrachtet umwerfend ist.

Ein anderer Aspekt, der sich aber ganz natürlich entwickelt, ist die Adaptierung der Geschichte an die Schauspieler. Um authentisch zu bleiben, muss natürlich Mason mit dem Schauspieler korrelierend erwachsen werden, ansonsten scheitert so ein Projekt an der Gaubwürdigkeit. Es verleit dem Film Tiefe, andererseits ist es bequem, das Skript schreibt sich ein bisschen von selbst.

Viele der Dinge, die Mason durchlebt, berühren den Zuseher - vielleicht hat man sich in der selben Situation schon einmal wiedergefunden. Vieles ist für uns als Europäer sehr amerikanisch, es entspricht nicht unserem Lebensstil/standard.

Über jede einzelne Szene kann philosophiert und diskutiert werden, aber ich persönlich finde, dass viele Klischees ausgespielt werden. Es soll so viel wie möglich an durchschnittlichen Dingen passieren, so dass der Film nicht nur anspruchsvolles Reality-TV wird, sondern spannend wird und beobachtet werden kann, wie es Mason prägt. Hier bewegt man sich auf einem schmalen Grad, ist es Reality-TV, nur von der anderen Seite, eine Sozialstudie oder ein hochanspruchsvoller Kunstfilm?

Die Schauspieler überzeugen, meiner Meinung nach vor allem Patricia Arquette als Mutter. Ellar Coltrane als Mason und Lorelei Linklater als Samantha merkt man Anfangs eine gewisse Unsicherheit an, was aber durchaus verständlich ist, je erwachsener die beiden werden, umso glaubhafter und überzeugender wird ihre Darstellung. Auch Ethan Hawke als Vater begeistert in seiner Rolle.

Ein Film, der zum diskutieren und interpretieren einlädt, meiner Meinung nach fällt er etwas zu lange aus. Einerseits erfrischt der fehlende Spannungsbogen, andererseits ist man etwas enttäuscht, wenn man auf einen Höhepunkt gewartet hat.
Ich habe Schwierigkeiten dem Film eine Bewertung zu geben, da ich einerseits sehr angetan bin vom Konzept, andererseits enttäuscht über das unausgeschöpfte Potential, das der Film noch geboten hätte.
 
 

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