Ein Mann sieht rot

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Forumseintrag zu „Ein Mann sieht rot“ von 8martin

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8martin (17.04.2020 14:55) Bewertung
Rache rechtfertigt Gewalt
Wie sehr haben sich doch unsere Sehgewohnheiten in den letzten dreißig Jahren verändert, z.B. was Gewalt angeht. Was in den 70 er Jahren noch ein Reißer war, ist heute fast Ponyhof. Die Frau (Hope Lange) von Charles Bronson wird von einer Jugendgang getötet, die Tochter bleibt dement. Er wird zum selbsternannten Rächer (‘Vigilante‘): beobachtet Überfälle, Misshandlungen, Schlägereien und greift ein. Wohlgemerkt nur wenn er oder andere angegriffen oder provoziert werden. Es geht ihm nicht um Rache für seine Familie, denn die Täter sieht er nie mehr wieder, sondern nur ums Töten von diesen bösen Buben. (Von denen hat es nur der Debütant Jeff Goldblum zu größerem Leinwandruhm gebracht.)
Dachte Regisseur Michael Winner noch an einen Rachefeldzug mit klarer Einteilung in Goodies und Badis, wobei das Töten aufs Gerate wohl schon der Schocker war, so läuft der Film heute unter typisch Charles Bronson oder weich gespülter Killer Thriller.
Außer den ironischen Seitenhieben aufs amerikanische Gesundheitssystem, was heute noch maroder ist als damals, bekommt auch die Polizei und die allmächtige Waffenlobby (NRA) ihr Fett weg. Als der Polizeichef Ochoa (Vincent Gardenia) dem Vigilanten gegenübersteht, lässt er ihn laufen, denn einer der ureigensten amerikanischen Werte aus der Pionierzeit: der Selbstschutz ist in Gefahr. Die Bevölkerung soll lieber weiterhin glauben, dass der Vigilant nachts auf Patrouille geht. Dann sind die Straßen sicherer. Man erkennt wie weit die USA und Europa wertemäßig auseinander liegen.
Und einen finalen Gag setzt Winner noch oben drauf: als Charles beobachtet, wie eine Gruppe Jugendlicher eine Frau belästigt, macht er scherzhaft eine Fingerpistole. The End! Der deutsche Titel ist in den allgemeinen Wortschatz übernommen worden. Der des Originals ist eher ambivalent. Der Film reicht heute höchstens noch für ein Streitgespräch mit der National Rifle Assossiation, deren namhaftester Vertreter Charlton Heston war.
 
 

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