Das Omen

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Forumseintrag zu „Das Omen“ von Filmgenuss

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Filmgenuss (17.04.2024 12:36) Bewertung
Den Teufel mit im Spiel
Der beste Trick des Teufels ist doch bekanntlich der, die Menschheit im Glauben zu lassen, es gäbe ihn gar nicht. In Richard Donners Klassiker aus den 70er Jahren, den ich anlässlich des brandneuen Prequels Das erste Omen einer Erstsichtung unterzog, schenkt der Beelzebub diesem Leitsatz wenig Beachtung. Warum, so würde ich den Teufel fragen, kannst du denn nicht im Körper eines Dreikäsehochs so lange im Verborgenen bleiben, bis der Zeitpunkt gekommen ist, um das Ende der Menschheit einzuläuten? Warum benötigt der Knirps denn nebst eines furchterregenden Höllenhundes, der hechelnd an seiner Seite kauert, eine mehr als dubiose Amme, die gleich an die große Kirchenglocke (Allmächtiger behüte!) hängt, dass mit ihr so einiges nicht stimmt? Gute Miene zum bösen Spiel ist etwas für Feingeister, und wieder hole ich mir als bekennender Star Wars-Fan Referenzen aus der weit entfernten Galaxis, um auf die Diabolik eines Imperators Palpatine hinzuweisen, der jahrzehntelang eine ganze Republik in dem Glauben ließ, die Sith gäbe es gar nicht. Bei Richard Donner ist der Teufel allerdings einer, der dem allzu menschlichen Drang folgt, unbedingt im Mittelpunkt zu stehen.

So gut hätte er es haben können, der Leibhaftige. All die Menschleins mit ihren niederen Bedürfnissen in die Versuchung zu stürzen lief doch bisher so gut – warum dieses Outing? Weil der Horror eines verhaltensauffälligen Nachwuchses fürs Kino gerade richtig schien. Wenn die Kleinen sich winden und jammern, sie sich selbst als den Mittelpunkt des Universums verstehen und sich in gellender Hysterie aufbäumen, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen, möchte man als Elternteil in der Hitze des Alltags durchaus eine diabolische Metaebene vermuten. In Das Omen erhärtet sich der Verdacht: Damien, der Satansbraten, ist das Kind des Teufels, wobei das Teuflische eher mehr von seiner Entourage ausgeht als von ihm selbst. Der Kleine tut, was Kinder eben tun, und niemand hätte je vermutet, was der Knabe einmal werden will, wäre Lucifer nicht so ein Stümper. Und wäre er nicht so ein Stümper, gäbe es keinen Film. Doch da sind wir jetzt, im Anwesen des US-Botschafters Robert Thorne, gespielt von Gregory Peck, der als alter Hase des schillernden Hollywood Donners Film ohne Frage veredelt. Doch wie sieht es mit dem Rest aus? Hat der Klassiker des Dämonenkinos all die Jahrzehnte überstanden, ohne Abnutzungserscheinungen davonzutragen?

Seit damals, 1976, hat sich im Subgenre des okkulten Horrors so einiges getan. An Richard Donners Pädagogenhorror hat dabei längst der Zahn der Zeit genagt, dem filmtechnischen und dramaturgischen Geist der Gegenwart entspricht der adrette Thriller leider längst nicht mehr. Vielleicht liegt meine nicht unkritische Wahrnehmung auch daran, dass die Handlungsweisen einzelner Personen, darunter eben auch die des Ehepaars Thorne, nicht ganz nachvollziehbar sind. Da Damien im Fokus der Handlung steht, Geistliche bereits flehentlich darum baten, ihre Prophezeiungen ernst zu nehmen und der Knirps gerne mal seine Mama ins Krankenhaus befördert, verwundert es umso mehr, dass die Obhut des Kleinen gerade dann, wenn alles bereits darauf hindeutet, es mit Absonderlichem zu tun zu haben, weiter einer Amme obliegt, die offensichtlich Böses im Schilde führt. Während Lee Remick alias Katherine Thorne ihre Verletzungen kuriert, forscht Gregory Peck im südlichen Europa nach den Hintergründen von Damiens Existenz. Ums Kind selbst kümmert sich keiner, der noch bei Verstand ist. Und das ist ein offensichtlicher Fehler.

Bizarre Todesfälle befördern jeden, der den teuflischen Plänen gefährlich werden könnte, ins Jenseits. Die Idee mit den auf Fotografien festgehaltenen Manifestationen nahenden Unheils hat zugegeben etwas Gespenstisches und erinnert an Roman Polanskis Herangehensweise in Rosemarys Baby. Vieles andere scheint jedoch zu simpel gestrickt, um auch noch so viele Jahre später subtiles Grauen zu erzeugen. Das Mysterium des Okkulten weicht in Das Omen vor zu viel Unschärfe in den Indizien zurück. Sie geben dem Zuseher Gewissheit für etwas, dass, wäre es nur im Bereich des Möglichen geblieben, viel mehr Wirkung erzielt hätte.

Man könnte Das Omen neben seiner filmgeschichtlichen Bedeutung als phantastischen Gruselthriller auch als die hundsgemeine Nihilisten-Version von Mary Poppins betrachten, die Rabeneltern im wahrsten Sinne des Wortes verteufelt und die potenzielle Gefahr, die vom Einfluss wildfremder Personen ausgeht, in blutigen Lettern auf den Haussegen pinselt. Es ist ein Film über Familie und Verantwortung und die Ohnmacht der Eltern darüber, dass das Kind irgendwann mal den Erwartungen nicht entsprechen könnte. Das mag funktionieren, und zwar besser als in der Funktion, die To-do-Liste des Leibhaftigen abzuarbeiten. Denn dafür wirkt Das Omen mittlerweile so angestaubt wie die jahrzehntelang unberührte Verlassenschaft eines ehrgeizigen Vatikan-Exorzisten.


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