Kubi

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Forumseintrag zu „Kubi“ von chrosTV

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chrosTV (26.09.2023 20:12) Bewertung
Mühsame Machtkämpfe und schwule Samurai
Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
Über 30 Jahre soll das neueste Mammutprojekt von Takeshi Kitano in der Produktionshölle geschmort haben. Als der japanische Kultregisseur und Schauspieler beim heurigen Cannes-Festival „Kubi“ uraufführen durfte, muss ihm ein Stein vorm Herzen gefallen sein. Der unangepasste Film- und Fernsehheld ist in Nordasien eine nicht wegzudenkende Medienpräsenz, hierzulande kennt man Kitano vor allem für seine abstruse Spieleshow „Takeshis Castle“. Das auch sein neuestes Regiebeitrag alles außer gewöhnlich sein dürfte, sollte sich selbst erklären. Und ja, eine queere, schwarzhumorige Samurai-Saga scheint wie angegossen zu Kitano zu passen. Warum also enttäuscht das Epos?

Die Gründe dafür mögen klein, dafür umso gewichtiger sein. Bevor diese erläutert werden, sollte man aber – immerhin flüchtig - mit der Erzählung des Films vertraut sein. Angelehnt ist diese an den 1582 tatsächlich passierten Honnoji-Zwischenfall, der erfolgreiche Putschversuch gegen den mächtigen Feldherren Oda Nobunaga (Ryo Kase: großartig). Der Schreckensherrschaft des Tyrannen gehört Einhalt geboten, zumindest, wenn man dem verschollenen Murashige (Endo Kenichi) Glauben schenken kann. Eine Armee aus Kämpfern, darunter der Samurai Toyotomi (Kitano selbst), werden zusammengesammelt, um den Putschversuch verhindern. Es bricht ein Männlichkeitskampf aus, bei der auch schwule Liebe (der echte Oda soll homosexuell gewesen sein) nicht zu kurz kommt.

Kitano schreibt also japanische Geschichte neu und ergänzt sie um homoerotische Tendenzen. Eine Kurosawa-hafte Ausgangslage trifft auf Kitanos gewohnt narrischen Humor. Soweit, so großartig. Wo liegt also das Problem? So aufregend das alles auch klingen mag, so schleppend kommt die Geschichte in die Gänge. All die Intrigen, all die Kletterversuche entlang der sozialen Hierarchie sind in ihrer beabsichtigten Kauzigkeit erheiternd, keine Frage, die Luft ist aber schnell wieder raus. Zu verschulden ist das mitunter der deftigen Lauflänge von beinahe zweieinhalb Stunden. Die ganzen Macht- und Lustspielchen drehen sich nach einer Zeit im Kreis, Ermüdungserscheinungen sind kaum zu vermeiden. Na gut, dass das letzte Drittel immerhin nicht an Schauwerten spart. Die Samuraischlachten sind sauber inszeniert und ansehnlich ästhetisiert. Hätte man die Prioritäten etwas verschoben, dann wäre hier Großes möglich gewesen. Was bleibt ist eine wunderschöne, aber dennoch mühselige Alternativgeschichtsstunde. Schade ums verschenkte Potenzial!
 
 

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