DogMan

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Forumseintrag zu „DogMan“ von chrosTV

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chrosTV (23.09.2023 08:15) Bewertung
Ein Herz für Hunde, aber nichts dahinter
Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
„Wo auch immer ein Unglücklicher ist, schickt Gott einen Hund hin“ - mit Worten biblischer Größenordnung eröffnet Luc Besson seine aktuelle Regiearbeit. Worte, an denen freilich etwas dran ist, die aber angesichts der Entstehungsgeschichte des Films ein bitterer Beigeschmack umhüllt. Der Unglückliche hier ist nämlich nicht nur die Hauptfigur, sondern auch Besson selbst. Zumindest selbst sieht er sich wohl in einer Opferrolle. Für den Regisseur ist es das Comeback zurück in eine Industrie, die ihn verstoßen und fallen gelassen hatte. In Hollywood hat der Franzose, der einst Kultstoffe wie „Léon – Der Profi“ (1994) und „Das Fünfte Element“ (1997) verantworte, seit einiger Weile den Stempel einer Persona non grata.

Zu Unrecht? Mitnichten!

Schwere Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs stehen im Raum. Ein Gerichtsverfahren gegen ihn wurde Anno 2023 eingestellt, doch die dreckige Causa Besson ist damit längst nicht vom Tisch. Ein nur kleiner Blick in die Biografie des Filmemachers offenbart brisante Details aus dessen Vergangenheit, die frei einsehbar sind, viele Jahre aber nicht weiter beachtet wurden. Im Alter von 29 lernte Besson die damals 12-Jährige Maïwenn Le Besco (heute Regisseurin und Schauspielerin) kennen, die er lediglich drei Jahre später schwängerte und nach fünfjähriger Blitzehe wieder abservieren ließ. Aus europäischer Perspektive im Bereich des legal Möglichen, aus moralischer Sicht mehr als fragwürdig. Die Beziehung zwischen Besson und Maïwenn bildete die Inspiration für die Freundschaft, die Jean Reno und die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 12-jährige Natalie Portman in „Léon“ eingingen. Der lolitahafte Beiklang des Originaldrehbuchs wurde auf Wunsch des Studios getrimmt.

Nun also, wenige Jahre nachdem die mediale Missbrauchsaufarbeitung durch die MeToo-Bewegung die vielen Fehltritte Bessons in ein neues Licht rückte, wagt er einen Schritt zurück ins Filmgeschäft. „Dogman“ feierte noch vor wenigen Wochen im Rahmen der 80. Filmfestspiele von Venedig seine Weltpremiere - als Teil des hart umkämpften Wettbewerbs. Beim selben Festival, das dieses Jahr ähnlich verrufene Namen wie Roman Polanski und Woody Allen mit offenen Armen zurückempfangen hatte. Aber nur kein Grund zur Panik, sollte man ja Kunst und Künstler getrennt voneinander betrachten, nicht wahr? Ein weitverbreiteter Irrglaube!

Ja, auch Film existiert in keinem Vakuum und ist in den meisten Fällen - gerade im Falle eines selbsternannten Auteurs á la Besson - ein persönlicher Ausdruck seines Schaffers. Kino ist inhärent politisch - ob nun vom Macher intendiert oder nicht spielt keine Rolle. Der Gedanke, das neueste Machwerk Bessons als Antwort auf die letzten paar stürmischen Jahre in seinem Privatleben zu lesen, sollte daher alles andere als abwegig sein.

„Dogman“ zeichnet das Psychogramm eines Mannes (der großartige Caleb Landry Jones: einer der wenigen Lichtblicke), der von seiner Umwelt gebrochen wurde. Der in keine vorgefertigten Schablonen und Normen hineinpasst. Der trotz seiner Fehltritte im Kern ein genuiner, ja missverstandener Künstler ist. Der „Arthur und die Minimoys“-Regisseur muss große Stücke auf sich selbst halten.

Aber auch wenn man die jämmerliche Selbstprojektion, die unsubtilen Seitenhiebe gegen die böse, böse Gesellschaft auszuklammern versucht, fühlt man sich maximal an bessere Filme zurückerinnert. Das Drehbuch gleicht jedenfalls einem miesen Erstentwurf einer „Joker“-Fortsetzung.

Doug, der zerrissene Protagonist, ist ein Mann vieler Gesichter: Hundeguru, Dragqueen, gemeingefährlicher Psychopath mit Herz aus Gold. Der Grund für sein Verhalten? Richtig: eine traumatische Kindheit mit gewalttätigem Vater, gebrochene Herzen, der bittere Hohn der modernen Welt. Die Checkliste könnte noch ewig weitergeführt werden. Während vordergründig ein Kreuzverhör vonstatten geht, warten die akrobatischen Hunde auf die Rettung ihres Herrchens. Superhunde, die Schlüssel bedienen, Nachrichten überbringen und Fremde bespitzeln können. Bei all dem unkontrollierten Irrsinn weiß man teilweise nicht, ob man lachen oder weinen soll. Wer weiß, vielleicht wollte man ja hier eine Parodie drehen? Spätestens aber, wenn es im jaulenden Chanson-Gesang von Edith Piaf (die Wahl von „Je Ne Regrette Rien“ - auf Deutsch: „ich bereue nichts“ dürfte kein Zufall gewesen sein) dramatisch in den Abspann übergeht, muss man sich eingestehen: der meint das wirklich ernst.
 
 

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