Valerian - Die Stadt der tausend Planeten

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Forumseintrag zu „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“ von Harry.Potter

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Harry.Potter (21.07.2017 22:37) Bewertung
Wer als Erster zu lange braucht kommt zu spät
Exklusiv für Uncut
Wenn ich ganz persönlich an Luc Besson und das Science-Fiction-Genre denke fallen mir ganz spontan zwei Filme ein. Zum einen „Das fünfte Element“ und „Lucy“, zu denen man sicherlich zweifelsfrei sagen kann, dass der Erste sehr gelungen war und der zweite vor allem mit so manchen visuellen Einfällen punkten, insgesamt aber nicht alle wirklich überzeugen konnte.

Luc Besson ist einer der profiliertesten französischen Regisseure unserer Zeit und hat der Filmwelt schon eine Unzahl von großartigen Filmen geschenkt. Aber wie bei jedem großen Regisseur ist nicht alles, was er jemals in seinem Leben erschuf, durch und durch und ausnahmslos fantastisch. In diesem Fall kann man mit Fug und Recht behaupten, dass es sich um einen fantastischen Film handelt, jedoch mehr auf der Ebene seines Themas und – das noch viel mehr – in Bezug auf seine literarischen Wurzeln. Die Comicserie „Valerian et Véronique“ des Autorenduos Pierre Cristin und Jean-Claude Mézière gilt in Frankreich seit vielen Jahrzehnten als Kult der Graphic Novels. Lange bevor sich jemand an die Verfilmung einer der vielen Bücher machte beeinflusste das visuelle Konzept der Geschichten zahlreiche Megablockbuster der letzten Jahrzehnte, wenngleich sie oftmals nicht offiziell zugegeben wurden. Dennoch ist es unbestreitbar, dass sich fast die Hälfte der Figuren sowie viele Raumschiffe aus George-Lucas’ „Star Wars“-Universum visuell an Entwürfen aus dieser Reihe orientierten bzw. von ihnen sehr stark beeinflusst wurden.

So wartete Luc Besson auch bis zum Jahre 2017 (rund 50 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Comics) damit, eines seiner Lieblingsbücher, die er im Alter von rund 10 Jahren verschlungen und geliebt hatte, auf die Leinwand zu bringen. Lange waren die filmischen Möglichkeiten nicht ausgereift genug, um einen Film, in dem nahezu ausschließlich Aliens mitspielen, zufriedenstellend in Szene zu setzen. Erst nach James Camerons „Avatar“ sah Luc Besson die Zeit reif, sich ans Werk zu machen.

Sein Warten auf die Reife der Technik fordert von seinem Resultat jedoch einen hohen Preis ein, denn in nahezu jeder Szene des Filmes sehen wir (großartig animiert und fabelhaft gefilmt von Thierry Arbogast!) Motive, Figuren und Handlungsabläufe, die bereits in den letzten Jahrzehnten in vielen SF-Filmen zu sehen waren und auch die „Pearls“ vom Planeten Mül können ihre optische Verwandtschaft zu den Bewohnern von „Pandora“ absolut nicht verleugnen. Auch das Raumschiff, mit dem Major Valerian durch die Raumstation Alpha fliegt sieht wie eine Kopie aus „Star Wars“ aus – dabei ist es historisch gesehen genau anders herum, die breite Menge an interessierten Kinobesuchern wird das aber wohl kaum wissen bzw. zu schätzen wissen. Trotz aller wunderschönen Bilder und beeindruckender Ideen gibt es in dem Film so gut wie nichts, was man nicht schon wo gesehen hat, wenn man sich regelmäßig SF-Filme ansieht und sei es bei Luc Bessons Werk selbst, speziell bei „Das fünfte Element“. Diese Startposition hätte er geschickt mit einer ähnlichen Portion Humor und Ironie verlassen können, wie sie dort gekonnt eingebaut war – er verzichtet jedoch nahezu völlig darauf und lässt den Witz nur sehr zaghaft in so mancher Szene zwischen Valerian und Laureline aufblitzen. Das Meiste davon ist aber wohl dem Schnitt zum Opfer gefallen, denn kaum, dass die beiden sich mal näher kommen, naht schon der nächste Angriff aus irgend einer Ecke des Universums.

Sehr viel von dem Schönen und Besonderen, das der Film auf seiner visuellen Ebene zu bieten hat, macht das erschreckend flache Drehbuch zunichte, das den Figuren kaum wahres Herz und Leidenschaft gönnt und auch Alexandre Desplats Score bietet keine wirklich im Gedächtnis bleibenden Motive und klingt auffallend seelenlos.

Daran können auch die beiden sehr attraktiven Hauptdarsteller Dane DeHaan (u.a. in „The Amazing Spider-Man 2“) als Valerian und Clara Delevigne (zuletzt in „Paper Towns“ sehr vielversprechend) als Laureline und die recht soliden Auftritte von Clive Owen, Ethan Hawke oder Rihanna nichts mehr ändern.

Es sieht mir ganz danach aus, als wäre Luc Besson dieser Stoff einfach persönlich zu wichtig gewesen, um locker und entspannt ans Werk zu gehen und die zahlreichen bereits existierenden Referenzen in anderen SF-Filmen tun dem Film leider auch nicht gut. Wer als Erster zu lange braucht kommt manchmal leider zu spät.
 
 

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