Ein ganzes halbes Jahr

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Forumseintrag zu „Ein ganzes halbes Jahr“ von Gwilwileth

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Gwilwileth (19.07.2016 07:21) Bewertung
zu plumpe Inszenierung um wirklich zu berühren
Dass man bei der Inhaltsangabe unweigerlich an “Ziemlich beste Freunde“ (nur um den Romantikfaktor ergänzt) denkt, ist verständlich. Und bei diesem Vergleich kann “ein ganzes halbes Jahr“ nur verlieren. Ein derartiger Vergleich wäre aber auch nicht sonderlich fair, ist die Intention beider Filme doch eine andere.

Die Geschichte von “ein ganzes halbes Jahr“ an sich hat durchaus Potential für ein gefühlvolles Melodrama: ein junges selbstaufopferndes Mädchen übernimmt einen Job als eine Art “Gesellschafterin“ (für die eigentliche Pflege ist ein eigener Pfleger zuständig) eines jungen, nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselten, fast vollständig bewegungsunfähigen, jungen Mannes. Nach anfänglichen Schwierkeiten kann sie zu ihm durchdringen und entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den beiden, im Lauf der Zeit keimen auch romantische Gefühle auf. Als sie zufällig erfährt, dass er schon seit längerem plant, in einem halben Jahr Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen, beschließt sie, ihm in den kommenden Monaten zu beweisen dass das Leben nach wie vor lebenswert ist, um ihn doch noch von seinem Unterfangen abzuhalten.

*** SPOILER ***

Während er dankbar für die schönen letzten Monate ist und diese seinerseits dazu nutzt, sie dazu zu bringen ihr Korsett der Selbstaufgabe & Abhängigkeiten abzulegen, und endlich anzufangen auch für sich zu leben, sieht sie seine Entscheidung für den Tod zunächst als eigenes Versagen & Entscheidung “gegen sie“ an, kann seine Entscheidung jedoch schlussendlich doch akzeptieren, und steht ihm bei seinem Tod bei.
Das Ende finde ich durchaus schlüssig und passend. Ein Ende in dem er seine Vorstellungen von Leben aufgibt um sich für den Rest des Lebens glücklich von ihr umsorgen zu lassen wäre nicht nur viel zu kitschig gewesen, sondern hätte auch nicht zu seinem Charakter gepasst.

*** *** *** ***

Klingt nach großen Gefühlen und noch größerem Taschentuchverbrauch beim zartbesaiteten weiblichen Zielpublikum. Ist aber leider in der Umsetzung viel zu plump, um echte Emotionen zu wecken.

Sam Claflin spielt ganz gut. Dass seine Rolle etwas weichgespült wirkt, kann man ihm schwer vorwerfen (die mit der Behinderung seines Charakters einhergehenden gesundheitlichen Probleme/Einschränkungen werden nur am Rande angesprochen, da hatten die Filmemacher wohl Angst, dass zu viel Realität zu Lasten der Romantik geht)
Emilia Clarke's übertriebenes Mimikspiel fand ich hingegen eher unglaubwürdig und nervig. Auch Lou's Kleidungsstil wirkte etwas zu bemüht ausgefallen. Und auch sonst schwankt der Film teilweise unschlüssig zwischen Komödie & Melodrama.
Die Geschichte selbst wird ohne viel Tiefgang erzählt, was vor allem in der ersten Hälfte des Filmes schmerzlich auffällt. In der zweiten Hälfte kann sich der Film zumindest in Richtung Durchschnitt hocharbeiten, wirklich mitleben mit den Charakteren tut man jedoch nicht. Dafür ist das ganze dann doch zu oberflächlich inszeniert.
 
 

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