Filmkritik zu Joe

Bilder: Lionsgate Fotos: Lionsgate
  • Bewertung

    Bad Ass Joe

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Das Drama „Joe“ von Regisseur David Gordon Green (aktuell ist auch sein wesentlich unterhaltsamerer Filmbeitrag „Prince Avalanche“ auf der Viennale zu sehen) ließe sich wohl ohne weiteres der Kategorie Feel-Bad-Movie zuordnen: Die aussichtslose Geschichte über die Freundschaft zwischen einem Delinquenten und einem Jugendlichen wurde in einem sehr gewalttätigen, düsteren Stil inszeniert, der jede Hoffnung auf eine Wendung zum Guten bereits vorwegnimmt. Der Stoff ist eine Adaption des gleichnamigen Romans von Larry Brown. Themen wie Alkoholismus, Gewalt und kaputte Familienverhältnisse werden im Film vordergründig behandelt, jedoch konzentriert sich Green zunehmend auf die Beziehung der Hauptfiguren zueinander.

    Nicolas Cage als Titelantiheld Joe ist nach außen hin ein harter Hund. Der ehemalige Sträfling lebt weitgehend für sich allein in einer amerikanischen Südstaatenprovinz, raucht Kette, trinkt und kämpft damit, seine Autoritätsprobleme und die damit einhergehenden Wutausbrüche unter Kontrolle zu bringen. Er geht einer geregelten Arbeit und gelegentlichen Puffbesuchen nach. Ungeachtet seiner wilden Art besitzt Joe aber auch eine soziale Ader: Seine Arbeiter bezahlt er fair und um seinen Wachhund kümmert er sich artgerecht.

    Tye Sheridan spielt den 15-jährigen Gary, dessen Weg sich eines Tages mit Joes kreuzt, als er bei ihm anheuert. Ihm wurden widrige Umstände quasi in die Wiege gelegt: der Vater ein prügelnder Trunkenbold, die Mutter eine Irre und seine Schwester spricht kein Wort. Wie durch ein Wunder scheint Garys Psyche davon keine merkbaren Schäden erlitten zu haben - er ist ein anständiger junger Mensch. Die Bekanntschaft mit Joe gibt Gary insbesondere Zuversicht, denn trotz anfänglicher Zurückhaltung entwickelt Joe bald väterlicher Gefühle und wird dadurch eine wichtige Stütze für den Jungen.

    Wie bereits anfänglich erwähnt, ist der Film nichts für zartbesaitete Gemüter. Die Szenen schlagen zeitweise in extreme Brutalität um, beispielsweise als Garys Vater einen Obdachlosen zu Tode prügelt oder Joes Pitbull einen anderen Hund zerfleischt. Dem gegenüber setzt der Regisseur eine gut gezeichnete Charakterstudie, in welcher besonders die schauspielerischen Leistungen von Sheridan und Cage (vielleicht seine beste Rolle seit „Leaving Las Vegas“) den Film sehenswert machen. Der gute Kern seiner Figur kommt zwar erst gegen Ende zum Vorschein, aber ließ sich unter der rauen Oberfläche schon erahnen.

    Vorhersehbar ist das Ende an sich, denn dass Gewalt Gegengewalt erzeugt, dürfte nicht überraschen. Der Handlung fehlt es hier leider an einem Spannungsbogen, um vollkommen zu überzeugen. Einen kleinen Minuspunkt verdient der derbe Südstaaten-Slang, welcher zwar zur Authentizität der Charaktere beitrug, dem zu folgen aber nicht immer leicht fiel.
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    (Tasara Weis)
    06.11.2013
    13:45 Uhr
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