Diese Parallele also ist an dem neuen Film das Bemerkenswerte. Hat sich anlässlich des alten Films, meiner Meinung nach, gezeigt, dass Jesus im zwanzigsten Jahrhundert so wenig Chance hatte, wie im ersten, so könnte der neue daran erinnern, dass heute die Zeit gekommen wäre für die Befreiung der Liebe. Ich meine nicht jene "Freie Liebe", welche nichts anderes meint als Promiskuität und Hurerei, sondern die Tatsache, dass - durch die Empfängnisverhütung und durch die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Partner von einander - die Liebe eher als je sein kann was sie ist. Aber, war sie nicht immer schon eigentlich etwas anderes gewesen, als der Anlass zum Eingehen einer lebenslangen Bindung, und etwas anderes als die Technik der Fortpflanzung?
Müssten nicht mit der widernatürlichen Gespaltenheit Heuchelei und Zwielicht verschwinden, wenn man die Liebe ihren geistigen Teil mit ihrem körperlichen zusammenbringen ließe, zu ihrer vollen, der Menschennatur gemäßen Wirklichkeit?
Wenn Jesus heute umginge, spräche er, wie damals, eine zeitgemäße Sprache, es käme aber wie damals darauf an, ob Einer sie versteht, um durch Liebe ein besserer Mensch zu werden. Das ist der eigentliche Lehrsatz.