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    Mona im Bordell

    Ein verstörend bitteres Märchen, in dem Inhalt und Form zueinander passen wie der Mond zur Erde. Und auch der Titel bezieht sich auf einen Vergnügungstempel in Liverpool, in dem es keine Bücher gibt. Es ist die Geschichte von Mona (Orsolya Török-Illyés), die schwanger wird und im Bordell landet. Sie will ihre Tochter zurück. Die Ganoven sind nicht zimperlich. Es gibt Schläge, Drogen und bezahlten Sex.
    Gleich von Anfang an inszeniert Szabolcs Hajdu mit der Kamera eine Distanz zu den Darstellern, indem sie lange stumme Fahrten an ihnen vorbeimacht. Auch wenn man im Freien ist, wirkt die Atmosphäre immer irgendwie künstlich. Meistens ist es ein Jahrmarkt oder ein Zug, ein Bahnhof oder ein Wohnwagen. Zu einer weiteren Verfremdung kommt es durch special effects: z.B. das Pärchen sitzt reglos als Spanier verkleidet, Kunstlicht, seltsame Töne. Und die Kamera ist immer ganz dicht dran. Der Ausflug ins Surreale wird konsequent durchgehalten, sogar immer weiter bestimmend. Monas erschossener Vater befreit sie mit einer Blaskapelle aus dem Bordell.
    Bis hin zum Ende als Mona und ihre Tochter von leeren Tellern essen, aus leeren Gläsern trinken und die Möbelabteilung eines Kaufhauses ihr Kinderzimmer ist. Dazu hören wir das bekannteste Weihnachtslied. Ende gut, alles gut. Und wenn sie nicht gestorben sind…
    Aber auch die Gebrüder Grimm waren ja nicht ganz ohne, was so Tod und Teufel betrifft. Durch die Verfremdung und die wunderschönen Bilder wirkt Monas Schicksal erträglicher und wird aus der Horrorecke geholt. Beeindruckend ist es allemal.
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    14.11.2014
    10:08 Uhr
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    Bibliothèque Pascal


    Hätte „Bibliotheque Pascal“ jemand wie Terry Gilliam gemacht, hätte es das Potential zum Meisterwerk gehabt. Drehbuchautor und Regisseur Szabolcs Hajdu erzählt mit diesem Film ein skurriles und bizares Märchen, das allein basierend auf der Story seinesgleichen sucht: Auf ihrer Reise durch Westeuropa begegnet die Protagonistin Mona ihrem Vater, mit dem sie nach Deutschland reist, da er dort operiert werden muss. Am Bahnhof wird ihr Vater erschossen und sie gerät in die Finger von Londoner Bordellbesitzer, die einen sehr speziellen Betrieb führen: Jedes Zimmer im Bordell ist einem bestimmten literarischen Klassiker gewidmet und die Freier spielen mit ihren Prostituierten Szenen daraus nach.

    Charmant und märchenhaft wird versucht die einzigartige Story rüberzubringen, jedoch wird hier auch daran grandios gescheitert. Es scheint, als ob Hajdu durch den Film hindruch nicht wusste, in welche Richtung sich „Bibliotheque Pascal“ entwickeln soll. Als Märchen ist diese schwarze Komödie (oder ist es doch ein Drama?) zu wenig zauberhaft, als skurrile Alternativwelt-Persiflage á la Gilliam zu bodenständig. Oft muss man schmunzeln, gelegentlich Lachen, doch nie wird eine angenehme Balance erreicht. Das Genreproblem ist hier par exellence vorhanden und somit ist „Bibliotheque Pascal“ nur stellenweise sehenswert und kann als eine große, jedoch misslungene Chance angesehen werden.
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    27.07.2010
    23:57 Uhr