3 Einträge
4 Bewertungen
63.8% Bewertung
  • Bewertung

    Wachmann & Putzfrau

    Ein ganz stiller Film für Schüchterne mit viel Geduld, denn es passiert fast nichts. Der wortkarge, etwas korpulente Wachmann Jara (Horacio Camandule) beobachtet die Putzfrau Julia (Leonor Svarcas) immer intensiver. Er traut sich aber nicht, sie anzusprechen. Erst in der letzten Einstellung sitzen beide am Strand. Man hört aber nicht, was sie miteinander bereden. Der Schluss passt zum vorhergehenden Geschehen, wie das anonyme Geschenk für Julia: ein Kaktus. Der Zuschauer ist quasi der friedlich-freundliche Mit-Stalker, der das Interesse an Julia mit Jara teilen muss und der jede neue Information über sie ebenso wissbegierig aufsaugt, wie die kleinen Missgeschicke oder Ladendiebstähle, die Jara mitansieht und helfend eingreift. Das ist rührend gemacht, aber nicht jedermanns Sache. Die beiden Darsteller agieren wie in einem Dokumentarfilm über die Arbeit im Supermarkt. Still erledigen sie ihren Job. Was das alles mit dem Titel zu tun hat? Keine Ahnung. Riesen kann ich nicht entdecken. Das Ganze ist hier vom üblichen Film so weit weg, so vollkommen anders, dass es durch seinen Seltenheitswert schon wieder gut ist.
    8martin_ea7f49f0f3.jpg
    07.02.2013
    15:53 Uhr
  • Bewertung

    Gigante


    Ein kleiner argentinischer Film eines Regisseurs, der zuvor kein großes Projekt gemacht hat, konnte dieses Jahr drei Preise in Berlin gewinnen. „Gigante“ von Adrián Biniez ist eine romantische Komödie, die mit nur sehr wenig Worten auskommt, ja Sequenzweise sogar als Stummfilm hätte erzählt werden koennen, und verdient die vielen Lorbeeren, die er bisher bekommen hat.

    Jara (Horacio Comandule in seiner ersten Rolle) ist ein übergewichtiger Sicherheitsbeamter in einem Kaufhaus. Diverse Überwachungskameras nützt er seltener zur Diebesverfolgung, viel mehr werden die Geräte zur Observierung von lustigen Geschehnissen im Kaufhaus verwendet. Über Kamera beginnt sich Jara immer mehr für die Putzfrau Julia (charmant: Leonor Svarcas) zu interessieren, verfolgt sie sogar nach der Arbeit und erfährt immer mehr über das schöne Mädchen.
    Was vielleicht wie ein Psychothriller klingen mag ist die schönste Komödie und Liebesgeschichte des bisherigen Kinojahres. Regisseur Biniez zeichnet sich auch für das Drehbuch verantwortlich und diesem verdanken wir einen liebenswürdigen Protagonisten, mit dem man von erster Sekunde an sympathisiert. Selbst als Jara, der für sein Leben gern Heavy Metal hört und am Wochenende als Türsteher arbeitet, brutal zwei Kunden aus der Disko schmeißt, sieht man weiterhin nur die nette Seite des Charakters. Die Storyline ist oft nahezu märchenhaft, die Inszenierung jedoch realistisch. Viele Szenen sind in nur einer Angle aufgelöst, der Zuschauer weiß nie mehr als Jara selbst, der wiederrum alle seine Informationen durch Beobachtungen bezieht.

    Die wenigen Dialogpassagen sitzen perfekt, kein unnötiges Wort wird verschwendet, die Erzählung in Bildern steht hier im Vordergrund. Komisch werden die Szenen meist auf Grund Jaras Reaktionen, Aussagen oder auch klassischem Slapstick.

    Leider haben sich in den fertigen Film auch ab und zu Szenen eingeschlichen, die die Geschichte unnötig in die Länge ziehen. Trotz der Kürze hätte man problemlos noch gute zehn Minuten entfernen können. Die unmotivierten, eher wenig handlungsvorantreibenden Szenen, fallen bei „Gigante“ aber nur deshalb stark auf, weil der Rest perfekt passt.

    „Gigante“ ist ein Beweis, dass romantische Komödien noch immer abseits von Hollywoodklischees und mit origineller Inszenierung entstehen koennen. Dankeschön, Adrián Biniez!
    themovieslave_d00814b111.jpg
    16.08.2009
    23:59 Uhr
  • Bewertung

    Der lange Weg zur Überwindung der eigenen Unsicherheit

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2009
    Der Filmtitel „Gigante“ bezieht sich auf die ohne Übertreibung gigantische Erscheinung Jaritas. Seine äußerlichen 120 kg lenken aber davon ab, dass er in seinem Innersten ein schüchterner und unsicherer Mensch ist, der genauso wie andere Menschen Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit verspürt. Als er sich in Julia verliebt, wird die Sehnsucht immer stärker und Jarita muss alle Mauern, die er in seiner Unsicherheit rund um sich errichtet hat, einreißen und die Schüchternheit überwinden, um Julia anzusprechen. Der Film von Adrian Biniez zeichnet diesen Weg Jaritas nach und endet an dem Punkt, wo es Jarita schließlich schafft, Julia anzusprechen. Nach all dem, was bis dorthin geschehen ist und aller Beobachtung in Distanz kommen die beiden schließlich in einer sehr schönen, versöhnlichen und hoffnungsvollen Schlussszene an einem Strand, den nur sie beide wunderschön finden, zusammen und bekommen die Chance, einander besser kennen zu lernen. Es ist dem Film groß anzurechnen, dass er es offen lässt, ob Jarita und Julia schlussendlich auch wirklich ein Paar werden. Jarita hat zwar seinen Job verloren, aber sein Selbstbewusstsein wieder gefunden. Das Publikum des Filmes darf ihn auf seinem Weg zu Julia in so manchen komischen Situationen erleben, die von einer natürlichen Liebenswürdigkeit und Unschuld sind, dass man dabei zum Schmunzeln kommt. Mehr als das ist allerdings auch nicht drinnen, denn zu einem wirklich lustigen Film fehlt ihm der rechte Humor und für ein Drama bleibt der Film auch wieder zu distanziert. Gut möglich, dass der Regisseur die beobachtende Position Jaritas auf das Publikum übertragen wollte, der Film leidet aber durch die ganz wenigen Dialoge, die es in dem Film überhaupt gibt und die vielen statisch gefilmten Szenen ähnlich einer Überwachungskamera an einer starken Langatmigkeit und entwickelt seine Handlung nur sehr träge trotz seiner relativ kurzen Laufzeit von gerade einmal 84 Minuten. Ein in seinen Details liebenswerter Film, den man aber im Fernsehen wohl eher abgeschaltet hätte, anstatt bis zum Ende durchzuhalten.
    uncut_profilbild_558ce708a7.jpg
    08.02.2009
    23:56 Uhr