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    Tage am Meer

    Eigentlich verrät uns der iranische Regisseur Farhadi fast nichts über Elly. Er macht uns nur neugierig. Elly ist still, freundlich, hübsch, aber meistens sehr ernst, ein ruhender Pol. Sie fällt in der Gruppe von vier jungen Ehepaaren, die mit Kind und Kegel schreiend in jugendlichem Übermut für ein paar Tage ans Meer fahren, schon etwas aus dem Rahmen.
    Der Versuch Elly mit einem aus der Gruppe zu verkuppeln ist nicht ganz ernst gemeint. Scheint ein netter Gag zu sein, ein möglicher Zeitvertreib in der fröhlichen Runde. Plötzlich verschwindet Elly. Es wird die Frage aufgeworfen: ist sie ertrunken oder einfach weggegangen? Darüber werden wir aber bis zum Ende keine eindeutigen Hinweise erhalten. Es gibt jede Menge Verdächtigungen und Schuldzuweisungen, Gewissensbisse und andere Interaktionen zwischen Eheleuten bis hin zu Handgreiflichkeiten. Es ist offensichtlich viel wichtiger, ob die Freundschaft innerhalb der Gruppe das aushält und wie der Einzelne auf die Situation reagiert. Deshalb gibt es endlose Diskussionen, wobei die Akteure im Haus hin und herlaufen, wie Reisende in einem Wartesaal. Es bleibt auch ziemlich vage, ob eine neu hinzugekommene Person der Bruder, der Verlobte oder gar Ehemann von Elly ist. Dem Regisseur scheint es wichtig zu sein, ob es und wenn ja warum es für Elly eine Frage der Ehre ist, egal, ob tot oder lebendig. Elly ist halt aus der Enge ihres sozialen Umfeldes wohl einfach so fortgegangen…
    Nichts für Anhänger klarer Aussagen und Lösungsfans.
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    16.02.2012
    19:31 Uhr
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    Where the f**** is Elly?

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2009
    In diesem einzigen Satz könnte man im Prinzip die Handlung des ganzen Filmes zusammenfassen. Denn kurz nach dem Verschwinden von Elly dreht sich der Film nur noch darum, wen denn nun die Schuld trifft und was hätte getan werden können, um zu vermeiden, dass es soweit kommen könnte. Ein Wortgefecht folgt auf das andere, ein jedes für sich völlig ohne rationalen Argumente, der Schrecken über die plötzliche Wendung des Sommerurlaubes sitzt allen in den Knochen. Nur langsam tauchen dazwischen immer mehr Informationen aus Ellys Leben auf, die sich wie Puzzlesteine schließlich zu einem ganz anderen Bild einer eigentlich völlig fremden Person zusammen setzen und alles, was bereits geschehen war, nur noch schlimmer machen können. Der iranische Regisseur Asghar Farhadi setzt den Schwerpunkt seines Filmes auf die Emotionen zwischen den einzelnen Charakteren, die mehr durch Zufall gemeinsam einen Ausflug unternehmen, als dass sie einander wirklich vertrauen würden. Um damit eine volle Spielfilmlänge an Handlung zusammen zu bringen, braucht er erstaunlich wenig Handlung, so viele Vorwürfe gilt es, einander an den Kopf zu werfen, so viele Unzufriedenheiten brechen auf. Für das europäische Publikum kommt bei der ganzen Streiterei und während des hoffnungsvollen Bangen auf eine Antwort noch der kulturelle Unterschied hinzu, was es mitunter schwierig macht, sich in die Situation der einzelnen Personen hinein zu denken. Zu offensichtlich ließen sich manche Streitpunkte aus der Welt schaffen, ginge es dabei nicht auch um Ehre und die Schwierigkeiten, die sich durch die strenge Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen in einer muslimischen Kultur ergeben. Das soll nicht heißen, dass unsere westliche Kultur nicht genauso ihre Knackpunkte hätte, für diesen Film jedoch fehlt dem europäischen Betrachter bzw. der Betrachterin sicherlich über gewisse Strecken die Empathie, um den Film weniger langatmig und theatralisch zu empfinden.
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    07.02.2009
    23:33 Uhr