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9 Bewertungen
70.6% Bewertung
  • Bewertung

    Kein Quentin Tarantino Film

    Der Film wirkt als wolle er ein Quentin Tarantino Film sein, schafft es aber nicht. Die Dialoge wirken meistens nich ansatzweise so natürlich wie bei QT. Auch ist die Episodenerzählung etwas anstrengender als bei QT. Hauptkritikpunkt ist für mich aber die Länge. Wenn man nichts mehr zu Erzählen hat sollte man aufhören. Das Ende wird über eine halbe Stunde gestreckt und ist dabei mehr ermüdet als spannend.
    22.07.2020
    15:11 Uhr
  • Bewertung

    Abgründiges und brutales Roadmovie

    Ja, ich bezeichne diesen Film eindeutig als Roadmovie, wenn auch als ein besonderes seiner Art: sämtliche Personen der Handlung sind zu einem Ziel unterwegs und die Handlung des Filmes begleitet sie ein Stück davon. Niemandes Weg wird zur Gänze beschrieben, mancher Ausgangspunkt und auch so manches Ziel bleibt im Dunkeln - gemeinsam haben sie aber alle, dass sie für eine Nacht in dieses besondere Hotel an der Grenze zwischen zwei Bundesstaaten kommen, in dem es auf mehreren Ebenen nicht ganz mit rechten Dingen zu geht. Faszinierend, wie sich die Verbindungen zwischen den einzelnen Charakteren langsam und gnadenlos, meistens ganz plötzlich und gewaltsam offenbaren und sich im aufgebrochenen Spalt der Vergangenheit die Abgründe ihres Lebens und der Gesellschaft insgesamt angesichts des wütenden Vietnamkrieges und der politischen Scheinheiligkeit auftun. Ein Wechselbad der Gefühle ergießt sich über die Zuschauer und es bleibt bis zum Ende offen, ob es in diesem Film überhaupt wahrhaft Gute oder wahrhaft Böse gibt. Toll die Ausstattung des Hotels und die Kostüme, Autos und Accessoires aus den ausgehenden 1960ern und beginnenden 70ern, perfekt für eine Autofahrt nach Nevada der Soundtrack, stimmig und geheimnisvoll die Bilder - ein paar Momente des erzählerischen Stillstandes inklusive, die insgesamt aber in den Hintergrund treten.
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    15.10.2018
    09:14 Uhr
  • Bewertung

    Highly entertaining times at the EL Royale

    Exklusiv für Uncut
    Im Jahre 2012 gelang es Filmemacher Drew Goddard, der zuvor bereits am Drehbuch des Found-Footage-Thrillers „Cloverfield“ mitgearbeitet hatte, mit seinem Regie-Debüt „The Cabin in the Woods" einem zum damaligen Zeitpunkt (zumindest im Massenkino) leicht angestaubten Genre neuen Glanz abzugewinnen. Gemeinsam mit „Buffy“- und „Firefly“-Schöpfer Joss Whedon schrieb Goddard eine Horrorkomödie, die auf einer Metaebene die ausgelutschten Genre-Konventionen und risikolosen Sehgewohnheiten des modernen Mainstream-Horror-Publikums kritisierte, gleichzeitig aber auch als Liebesbrief an das Genre gelesen werden konnte. Tatsächlich gab es in den letzten Jahren - ob das nun mit „Cabin in the Woods“ zu tun hat sei dahingestellt - einige positive Entwicklungen innerhalb des Mainstream-Horror-Kinos. Mit vielfach erfolgreichen Genre-Vertretern wie „It“, „A Quiet Place“ oder natürlich dem Oscar-prämierten „Get Out“ konnte gewagtes beziehungsweise qualitativ gut gemachtes Horrorkino von ein auf den anderen Tag wieder für ein Massenpublikum salonfähig gemacht werden. Um Goddard selbst blieb es in den letzten Jahren jedoch relativ ruhig. Zwar war er in der Zwischenzeit maßgeblich am Drehbuch für Ridley Scotts Space-Exploration-Adventure „Der Marsianer“ beteiligt und konnte für seine Arbeit daran sogar eine Oscar-Nominierung abstauben, ließ Liebhaber seines Debütfilms jedoch lange Zeit auf eine weitere Regiearbeit warten. Sechs Jahre nach der Veröffentlichung von „The Cabin in the Woods" meldet sich Goddard nun endlich mit seiner langersehnten zweiten Arbeit als Regisseur unter dem Titel „Bad Times at the El Royale“ zurück. Für das Drehbuch zeichnete sich ausschließlich Goddard selbst verantwortlich und bekam diesmal dabei keinen Beistand von seinem guten Freund Joss Whedon.

    Die Rahmenhandlung des Films wurde in die 1960er-Jahre versetzt und spielt sich fast ausschließlich in den Räumlichkeiten des heruntergekommenen Hotels El Royale ab. Eines Abends checken innerhalb kürzester Zeit fünf zwielichtige Personen in das Hotel ein, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Darunter befinden sich die Sängerin Darlene Sweet (Cythia Erivo), ein Vertreter einer Stabsaugerfirma (Jon Hamm), der Priester Daniel Flynn (Jeff Bridges) und eine myrrische wie zunächst auch wortkarge junge Frau (Dakota Johnson). Es dauert nicht lange bis sich dem Zuschauer erschließt, dass ein jeder der Hotelgäste sowie auch der exzentrische Congierce Mike Miller (Lewis Pullman) die ein oder andere Leiche im Keller haben.

    Gleich vorweg sei klar gesagt, dass Goddard mit seinem neuen Werk in völlig anderen Gefilden unterwegs ist als noch bei „Cabin in the Woods“. Während es sich dabei um einen Meta-Horrorfilm handelte, der rund um eine große Verschwörung aufgebaut war, bleibt das gewaltige Überraschungsmoment hier aus. Stattdessen handelt es sich hier um einen hochstilisierten sowie von Twists und Turns durchdrungenen Pulpthriller, der auf qualitativer Ebene doch Goddards Vorgängerfilm in wenig nachsteht.

    In bester „Pulp Fiction“-Manier lässt man den Thriller zunächst via einzelner Episoden erzählen, die die Geschehnisse im Film stets aus der Sicht eines bestimmten Charakters beleuchten und dabei auch via Flashbacks die jeweiligen Beweggründe, für deren Abstecher im Hotel, erläutert. Goddard hat seinen Film mit einer Vielzahl interessanter wie auch amüsanter Charaktere bevölkert, von denen nahezu allen ein glaubbares Maß Tiefe verliehen wurde. Die größten Highlights stellen dabei der vermeintliche Priester, die von Dakota Johnson gespielte geheimnisvolle junge Frau und vor allem Sängerin Darlene dar, die mit vielschichtigen Figurenzeichnungen und spannend aufgearbeiteten Backstories das Interesse des Zuschauers wecken. Schlussendlich ist es hier jedoch die Schauspielriege die den Figuren Leben einhaucht und diese weiß in diesem Film besonders zu glänzen. Ob nun ein abermals brillant spielender Jon Hamm, ein Jeff Bridges, den man schon lange nicht mehr in einer solchen Top-Form bewundern durfte oder Indie-Filmemacher Xavier Dolan, der in einem Flashback kurz einen britischen Musikproduzenten mimt - das Schauspielensemble wurde bis ins kleinste Detail fantastisch gecastet! „Fifty Shades of Grey“-Star Dakota Johnson bekommt hier zudem in einer toughen Rolle endlich mal die Gelegenheit, der Welt ihr enormes Schauspieltalent zu zeigen, während das schauspielerische Highlight überraschenderweise aber klar Newcomerin Cynthia Erivo geworden ist. Erivo gelang es jede Facette ihrer Figur auf den Punkt zu bringen und kann in dem Haufen an undurchsichtigen Figuren, die wir im Laufe des Films zu sehen bekommen, definitiv das höchste Maß an Empathie im Zuschauer wecken. Im letzten Drittel bekommen wir dann auch noch „Thor“-Darsteller Chris Hemsworth als beunruhigenden Sektenführer zu sehen, dessen Auftauchen im Vorhinein zwar etwas zu groß aufgebauscht wurde, der aber nichtsdestotrotz mit seiner verstörenden Performance für Beklemmung sorgen kann. Eine Szene, in der sein Charakter sich unfassbar skurril im Takt zu einem „Deep Purple“-Song bewegt, birgt sogar das Potenzial zum zukünftigen Internet-Meme in sich.

    Einer der größten Stärken des Films ist zweifelsohne auch die herrlich stylishe audiovisuelle Aufmachung. Mit einem detailverliebten Set-Design, präzisen Cuts, einer prächtigen Farbpalette und beeindruckenden Kamerafahrten darf Goddard zeigen wie sehr er sein Handwerk als Filmemacher beherrscht. Zudem besticht der Film auch mit einem fabelhaften Soundtrack, dessen flippige Auswahl an Songs zu jeder Sekunde mit dem Schnitt harmoniert und auch stets passend in die jeweiligen Plot-Points eingebunden wurde. Zur mehr als gelungenen Atmosphäre des Films trägt auch der Score von Michael Giacchino bei, der besonders in den beklemmenden Momenten gut zur Geltung kommt.

    Ganz ohne seine Schwächen kommt der Film aber leider auch nicht aus. Auch wenn der Film mit gut ausgearbeiteten Figuren punkten darf, muss man zugeben, dass der Film sich in seinen 140 Minuten Laufzeit szenenweise etwas in den Charakter-definierenden Flashbacks verirrt, die nicht jeder Figur dasselbe Maß an Charaktertiefe entnehmen können. Insbesonders die Hintergrundgeschichte, die man hier gegen Ende noch für die Figur des Hotel-Congierces Mike (gespielt von Bill Pullmans Sohn Lewis) kreiert hat, um zu einem bestimmten Plot-Punkt zu gelangen, wirkt dann doch etwas sehr weit hergeholt und zeigt bei weitem nicht dieselbe emotionale Wirkung wie die Schicksale der anderen Charaktere. Allgemein macht es sich der Film in seinem Finale, in dem die Geschichten der einzelnen Figuren miteinander kollidieren, narrativ gesehen etwas zu leicht und lässt dabei die ein oder andere spannende Figur leider links liegen.

    Die minimalen Störfaktoren im letzten Drittel machen den vorangegangen Spaß aber keineswegs zu Nichte. Drew Goddard hat mit „Bad Times at the El Royale“ nämlich einen hochunterhaltsamen, wendungsreichen, famos gespielten und exquisit stylishen Pulp-Thriller gedreht, der sich vor einem Quentin Tarantino nicht zu verstecken braucht.

    Check into the El Royale and enjoy a BLOODY good time at the movies!
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    10.10.2018
    10:36 Uhr