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90% Bewertung
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    Der Handlungsreisende

    Wenn es nur um die neue Wohnung gegangen wäre, in die Emad (Shahab Hosseini) und seine Frau Rana (Taraneh Alidoosti) umziehen mussten, weil ihr alte einsturzgefährdet war, so wäre das bereits ein guter Film geworden. Hinzukommen aber noch weitere Aspekte, die die Genialität des Regisseurs und Drehbuchautors Asghar Farhadi dokumentieren.
    So wird das Leben der Protagonisten verknüpft mit ihrer Arbeit in einer Theatergruppe, die Arthur Millers titelgebendes Stück aufführen. Da gibt es bis zum Ende jede Menge unaufdringliche Parallelen. Darüber hinaus wird ein Sozialkrimi mit eingeflochten, der durch subtile Indizien im Verlauf erklärt wird. (z.B. Geld im Regal, ein Männerslip am Boden etc.). Die Vormieterin war eine Nutte, deren Kunden nichts von ihrem Auszug wussten. Rana erwartet Emad, lässt die Wohnungstür offen und geht unter die Dusche…Man sieht nur die Folgen des Unglücks. Wie Emad den Übeltäter ermittelt und was sich in der Folgezeit zwischen den Eheleuten abspielt, ist ganz großes Kino. Rana ist innerlich und äußerlich gezeichnet. Und das ganze gipfelt in einem Schuld und Sühnedrama, wie es klassischer nicht sein könnte.
    Und als Emad den herzkranken Alten überführt hat, muss zwischen Rana und ihm noch ausgekartelt werden, wie sie weiterhin verfahren sollen. Mitleid kommt auf. Frau und Kinder des Alten kommen und umsorgen ihn helfend. Ist Rache gerechtfertigt? Wenn ja in welchem Umfang? Kann das wirklich Genugtuung verschaffen? Die menschliche Tragik geht unter die Haut. Der Film ist hoch emotional und intellektuell anspruchsvoll. Dabei enthält er thrillende Krimielemente und viele gute Regieeinfälle. Ein Glücksfall für das Kino.
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    21.03.2017
    13:02 Uhr