Wer ist Hanna?

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Forumseintrag zu „Wer ist Hanna?“ von Heidi@Home


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Heidi@Home (24.05.2011 10:46) Bewertung
Wer ist Hanna?

„Wer ist Hanna?“ ist eine US-europäische Co-Produktion, ein spannungsgeladener Action Thriller, eine Geschichte über Schuld und Sühne – und noch so vieles mehr als das. Protagonistin Hanna (Saoirse Ronan) ist ein junges Mädchen, das ähnlich wie Kaspar Hauser bis zu ihrer Jugendzeit im Wald aufwächst, abgeschirmt von der Umwelt und anderen Menschen, abgesehen von ihrem Vater Erik (Eric Bana). Der ehemalige CIA-Agent bildet sie zur perfekten Soldatin aus, eine ähnliche Ausgangssituation wie die von „Leon, der Profi“. Wenn Hanna und Erik in die Zivilisation zurückkehren, und das ist Hannas größter Wunsch, werden sie Gejagte des CIA sein – Eriks ehemalige Kollegin Marissa (Cate Blanchett) hat mit beiden eine Rechnung zu begleichen….

Darsteller Eric Bana sagt über das Drehbuch: „The script reminded me of…nothing.“ Und diesen Eindruck gewinnt auch der Zuseher im Kino. „Wer ist Hanna?“ startet als Thriller und die enorm ästhetisch choreographierten Kampfszenen, in denen ein klarer martial arts Einfluss erkennbar ist, bilden die dramaturgische Klammer. Die Actionszenen in „Hanna“ dauern aber nur ganz genauso lange wie sie dauern müssen, hier gibt es keine unnötigen Gewaltexzesse, kein Gemetzel und kein spritzendes Blut. Hanna – obwohl eine geübte Kämpferin – versteckt sich oft, denn in der Wildnis hat sie gelernt, dass man sich einer Auseinandersetzung nur dann stellen soll, wenn es keine Alternative dazu gibt; ihre Handlungen sind niemals Selbstzweck, sondern ökonomisch, nie narzisstisch oder verspielt. Wenn es zu Konfrontationen kommt, dann bilden wunderschöne, skurrile und angsteinflößende Schauplätze den Hintergrund. Eine Verfolgungsjagd in einem Containerpark hat etwas von modernem Tanztheater, Banas Kampf in der U-Bahn vermittelt den schmutzig-wilden Charme einer vergangenen Berliner Epoche.

„Wer ist Hanna?“ ist schwer vorstellbar ohne die Soundcollagen der Chemical Brothers. Der charakteristische Industrial-Beat erfasst das Nervensystem des Zuschauers, holt ihn mitten in die Handlung auf der Leinwand, er fungiert wie ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Spätestens beim ersten Einsatz des stampfenden Beats ist der Zuseher endgültig vom Film gefesselt. Kontrastiert wird der Sound von Rummelplatzmusik, schaurig-schönen kleinen Melodien. Auch abseits der Musik sind in „Wer ist Hanna?“ viele unterschiedliche Einflüsse und narrative Ebenen zu erkennen, von denen aber keine aufgesetzt oder unpassend wirkt. „Hanna“ ist AUCH ein Coming of Age Film und eine Familiengeschichte, hat humoristische Augenblicke, reflektiert moralische und ethische Fragestellungen, beinhaltet Mystery-Elemente und einige sehr avantgardistische Szenen. Saoirse Ronan trägt trotz ihrer Jugend den Film mühelos, flankiert von Qualitätsdarstellerin Blanchett, die ihren Charakter beinahe als Karikatur anlegt, und einem wie immer überzeugenden Eric Bana; herausragend in einer Nebenrolle Tom Hollander als Blanchetts brutaler Vertrauter in Ballonseide. Er sieht so lächerlich-harmlos, dass man ihn nicht für voll nimmt, bis man eines Besseren belehrt wird.

„Wer ist Hanna?“ ist ein erstaunlicher, ein über die Maßen inspirierter und ambitionierter Film. Bereits jetzt einer meiner Filme des Jahres.
 
 

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