Happy New Year

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Forumseintrag zu „Happy New Year“ von patzwey


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patzwey (08.12.2011 13:00) Bewertung
Große Gefühle zum Jahreswechsel

Das Konzept kennt man bereits aus „Valentinstag“. Ein Tag, viele Geschichten und vor allem ein unglaublich prominenter Cast, der einem best-of eines Boulevardmagazins gleicht. Auch bei seinem neuesten Film bleibt Regisseur Garry Marshall diesem Erfolgsrezept treu. Warum auch nicht, hat dieses doch der Produktionsfirma bereits zahlreiche Dollars in die Tasche gespielt.

Der alles verbindende Tag und Rahmen der Handlung ist - wie der Originaltitel bereits ankündigt - „New Year's Eve“, also der 31. Dezember. Zusätzlich gibt es aber auch noch einen alles verbindenden Ausgangs- und Schnittpunkt: Den Times Square - im Film das bedeutendste Symbol für amerikanischen Zusammenhalt, Identitätsstiftung und natürlich den Weltfrieden. Dieser ehrwürdige Platz scheint daher als mehr als perfekter Ausgangsort, um das alte Jahr gebührend ausklingen zu lassen und sich in Bewunderung einer großen Kugel auf das neue zu freuen.

Prinzipiell ist die Struktur der Geschichte in Ordnung. In bester Soderbergh-Manier wird der Film dabei in viele Handlungsstränge gegliedert, um möglichst viele Perspektiven auf dieses ach so bedeutende Ereignis zu ermöglichen. Jede der vielen kleinen Episoden behandelt dabei einen anderen Aspekt. Eine Episode soll für etwas Romantik sorgen, die andere wiederum für Humor. In beinahe jeder Geschichte ist irgendjemand von irgendjemandem getrennt. Das große Aufeinandertreffen oder die dramatische Versöhnung findet schließlich zufällig um Punkt Mitternacht statt (Achtung: kein Spoileralarm!!!). Dabei gilt: Wer Silvester bereits liebt, mag es spätestens um Mitternacht umso mehr und Silvestermuffel müssen unweigerlich bekehrt werden. Und noch drei Aspekte haben die Storys alle gemeinsam: Erstens herrschen überall ganz ganz große Gefühle, zweitens sind sie alle eine Ode an die Silvesternacht und drittens bleiben sie alle stark oberflächlich, unoriginell und klischeebeladen (Vorhersehbarkeit versteht sich dabei natürlich von selbst). Trotzdem darf man hier und da mal kurz schmunzeln oder vielleicht sogar lachen. Wer sich darauf einlässt, darf dann auch bei den obligatorischen Gefühlszuspitzungen und -explosionen vielleicht auch die eine oder andere Träne verlieren oder einfach nur dahinschmelzen - Hundebabys, normale Babys, sterbende alte Männer und tausende Küsse in verschiedensten Variationen funktionieren eben immer.

„New Year's Eve means hope and a good party“. Zumindest an Hoffung und Happy Ends, fehlt es dem Film nicht. Warum also nur „ein“ Happy End machen, wenn man die Möglichkeit hat die Geschichte ca. 10x gut ausgehen zu lassen? Der Film ist ein optimistisches Werk wie es kitschiger und schönmalerischer nicht sein könnte. Ein (teilweise auch sehr schönes) Märchen voller Träume und Hoffnungen, denen man sich ja bekanntlich vor allem in der Adventszeit gerne hingibt. Eine Ode an den amerikanischen Traum, an das amerikanische Lebensgefühl, an das ganze Land mit seiner glorreichen Vergangenheit und vor allem an die großartige Bevölkerung der USA!!! Michael Bay könnte es nicht patriotischer inszenieren.

„Happy New Year“ ist ohne Zweifel lediglich aus der Intention heraus entstanden einen leicht verdaulichen Kassenschlager voll großer Gefühle im Weihnachtsgeschäft zu etablieren und möglichst viele weihnachtliche Dollars damit zu verdienen - ein Aspekt der wunderbar gelungen ist. Jedoch stellt der Film dieses Streben nach Konsum auch ungeniert aus und bietet eine Plattform für exzessives Produkt-Placement. In Verbindung mit leichter Unterhaltung ist dies besonders effektiv. Vor allem fällt „Nivea“ - als scheinbarer Hauptsponsor des Films - immer wieder auf: Die ganze Silvesternacht erstrahlt in den Farben des Hautcremeherstellers und die Leute am Times Square tragen Nivea-Hüte und Brillen, während sich das Geschehen auf der Nivea-Bühne abspielt. Aber auch andere Marken und Produkte drängen sich penetrant immer wieder ins Geschehen, oder dominieren unmotiviert das Bild. Eye-Catcher ist u.a. des Öfteren ein immer wieder auftauchendes 30m hohes Plakat von „Sherlock Holmes 2 - Spiel im Schatten “.

Fazit:
„Happy New Year“ ist eine kitschige und sehr märchenhaft inszenierte RomCom, die über weite Strecken weder wirklich lustig, noch übermäßig romantisch und schon gar nicht spannend ist. Dafür bleibt viel Platz zum Träumen. Der Film besitzt aber auch noch einen riesengroßen Joker: zahlreiche Stars. Deren schauspielerische Leistung reicht dabei von „recht passabel“ (z.B. Pfeiffer) über „"absolutes Mindestmaß“ (z.B. De Niro) bis hin zu „komplett untalentiert“ (z.B. Ludacris). Dank diesem Cast und einer gelungenen Marketingmaschinerie wird der Film aber mit Sicherheit ein großer kommerzieller Erfolg (vor allem beim weiblichen Publikum???). Die Produzenten haben somit ihr Ziel wunderbar erreicht und alles richtig gemacht. Kann man also „Happy New Year“ angesichts dieser Punkte negativ kritisieren und dem Film seine Mängel vorwerfen? Zumindest von einem künstlerischen Standpunkt aus ist die Antwort klar: „Ja“

Wer also „Valentinstag“ bereits gut fand, wird vermutlich auch mit diesem Film zufrieden sein. Wenn man aber bereits den Vorgänger hasste, sollte man sich einen Kinobesuch besser gut überlegen.
 
 

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