120 Beats Per Minute

Bewertung durch littlesuSAnshine  85% 
Durchschnittliche Bewertung 85%
Anzahl der Bewertungen 3

Forumseintrag zu „120 Beats Per Minute“ von littlesuSAnshine

littlesusanshine_c51e293590.jpg
littlesuSAnshine (29.10.2017 23:05) Bewertung
Es geht um Leben und Tod
Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
Act-Up steht für AIDS Coalition To Unleash Power und ist eine Bewegung, die Ende der 1980er Jahre in New York entstanden ist und mit der Zeit weltweit Sympathisanten und Anhänger mobilisierte. In „120 Battements Par Minute“ werden dem Publikum Einblicke in die Pariser Act-Up-Aktivistengruppe gewährt, die für die Rechte von HIV-Positiven und bereits Kranken kämpfen. Es ist ein Kampf für bessere (staatliche) Aufklärung und Prävention der Krankheit, sowie gegen die politische und gesellschaftliche Ignoranz gegenüber den Betroffenen.

Vor gut 25 Jahren war der in Marokko geborene Regisseur Robin Campillo selbst ein aktives Teil der militanten Aids-Aktivistengruppe Act-Up, mit der er zusammen auf den Straßen von Paris protestierte und demonstrierte. „120 Battements Par Minute“ ist sein dritter Film nach „Les Revenants“ (2004) und „Eastern Boys“ (2013) bei dem Campillo eigenverantwortlich Regie führte und taucht mit ihm noch einmal in die Zeit der frühen 1990er Jahre ein. Nach der Projektion seines Films auf der diesjährigen Viennale gab er im anschließenden Publikumsgespräch an, dass er diese 25 Jahre zur Verarbeitung der Trauer benötigt habe um überhaupt über dieses Thema sprechen zu können. Zudem sagt er, dass wir uns heute wie damals in einer Zeit der politischen Panne befänden und der Film zeigt, dass sich trotz alledem etwas entwickeln, etwas organisieren kann, was vielen Menschen Hoffnung schenkt.

Die Exposition des Films hat einen dokumentarischen Charakter. Sie lässt die Zuschauerinnen und Zuschauer den Diskussionsrunden vom Pariser Act-Up beiwohnen, womit diese in die Thematik eingeführt und über die Aktionen und Ziele der Aktivistengruppe aufgeklärt werden. Sie diskutieren über weitere Aktionen und Strategien mit denen sie die Öffentlichkeit und die französische Regierung von Präsident Francois Mitterrand für das Thema AIDS sensibilisieren können. Ihr Vorgehen ist dabei radikal und mit dem Steigen der Wut erhöht sich auch die Gewaltbereitschaft. Mit einer enormen Menge an Kunstblut, Slogans und Elan ausgestattet sprengen sie Presseveranstaltungen oder setzen mit einem Überfall eines Pharmakonzerns, der scheinbar wirksame Medikamente unter Verschluss hält, ein Zeichen. Der lebhafte Sean, der bereits seit Jahren aktive Beiträge leistet, und der attraktive Neuzugang Nathan lernen sich bei Act-Up kennen und lieben. Die zweite Hälfte des Films fokussiert sich auf ihre leidenschaftliche Liebesbeziehung und schildert in drastischen, emotionalen Bildern, wie Seans fortgeschrittene Erkrankung erbarmungslos das Leben aus dem einst so quirligen jungen Mann saugt. Die Darstellung der Krankheit und der Betroffenen im Film war dem Regisseur sehr wichtig. Dementsprechend entstehen sehr harte und authentische Bilder, die aus den Erinnerungen eines Mannes entstammen, der die Umstände aus erster Hand miterlebt hat. Der Regisseur wählte bewusst eine Art der Darstellung der Betroffenen, in der die Kranken nicht nur als Opfer deklariert werden. Denn, wie es auch sinngemäß im Film lautet: Verantwortung muss von jedem getragen werden. Von den Kranken, den Neuinfizierten, den Gesunden, sowie vom Staat und der Gesellschaft.

Robin Camillo erzählt die Story aus seiner Sicht der Dinge, was zu einer einseitigen Darstellung des Themas führt. Durch das Maß an Emotionalität, welches der Film auffährt, wird die Darstellung der politischen Verhältnisse innerhalb der Geschichte simplifiziert, was dem Film allerdings nicht schadet. Durch seine dynamische Erzählweise und den tollen Performances seiner Schauspieler erlangt das Thema um eine tödliche Krankheit ein unglaublich hohes Maß an Vitalität.

„120 Battements Par Minute“ lief im Sommer bereits erfolgreich in den französischen Kinos und wurde als französischer Auslandsbeitrag für die Oscars 2018 eingereicht. Österreichische Fans müssen sich noch etwas gedulden bis der Film voraussichtlich am 04.01.2018 dann auch hierzulande in die Kinos kommt!
 
 

zum gesamten Filmforum von „120 Beats Per Minute“
zurück zur Userseite von littlesuSAnshine