Electric Boogaloo

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Forumseintrag zu „Electric Boogaloo“ von r2pi

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r2pi (08.06.2015 23:09) Bewertung
aufstieg und fall der go-go-boys
nach den beiden b-movie-dokus "not quite hollywood: the wild, untold story of ozploitation!" (2008) und "machete maidens unleashed!" (2010) nimmt regisseur und autor mark hartley in seinem letzten teil die israelischen filmmogule menahem golan und yoram globus aufs korn:

"electric boogaloo: the wild, untold story of cannon films" ist eine geschichte von enthusiasmus und der liebe zum film (die sich allerdings fast ausschließlich auf die produktion und die abwicklung der geschäftlichen seite bezieht), gepaart mit unglaublichem dilettantismus und einer absoluten wurschtigkeit dem endprodukt gegenüber. wer die produktionsliste der mächtigsten independent-produktionsfirma der 1980er-jahre durchforstet, wird vielleicht auf eine handvoll klassiker stoßen (wie "runaway train", robert altmans "fool for love", john cassavetes' "love streams", jean-luc godards "king lear" oder etwa "barfly" mit mickey rourke in einer seiner besten rollen) – die große masse besteht jedoch aus trashigen exploitation pictures im allerübelsten sinn, mit fokus auf sex und/oder gewalt, massentauglichen genrefilmen mit chuck norris, charles bronson, jean-claude van damme oder dolph lundgren und billigstkopien aktueller blockbuster wie die (frühzeitig abgebrochene) "quatermain"-serie.
erst 1987 wendet sich das blatt: größenwahn und fehlinvestitionen in milliardenschwere flops ("over the top" mit sylvester stallone, ein film über arm wrestling; "superman IV: the quest for peace" mit teuren, nichts desto trotz lächerlich wirkenden special effects und "masters of the universe", der film zum kinderspielzeug) bringen die cannon group an den rand des bankrotts, die cousins trennen sich im streit.

fazit: ein charakterbild in wenigen strichen (yin und yang, der künstler und der geschäftsmann, als kongeniales team), aussagen von zeitzeugen (cannon-stars wie richard chamberlain, elliot gould, franco nero und bo derek bis zu den regisseuren tobe hooper, john g avildsen oder boaz davidson), geschäftspraktiken (pre-sales von filmen, die bis dahin nur in form eines filmplakats und einer idee bestanden), ätzende kritik (übergriffe und waffengewalt beim dreh), aber auch erstaunlich positive erinnerungen (franco zeffirelli, er produzierte mit den cousins othello) werden unterhaltsam und abwechslungsreich mit (zuweilen abstoßenden) filmschnipseln aus dem unerschöpflichen fundus der go-go-boys gegengeschnitten – von einer "wild, untold story" hätte ich mir trotzdem mehr einsicht erwartet. wie der guardian schreibt: der zuschauer darf sich fragen, ob da nicht noch horrorgeschichten über casting-couch-praktiken und unbezahlte crews zu erzählen wären...

NB: interviewanfragen wurden von den beiden herren abschlägig beschieden – stattdessen produzierten sie ihre eigene version der geschichte (the go-go boys: the inside story of cannon films), die kurz vor fertigstellung von electric boogaloo auf den markt geworfen wurde. typisch, wieder einmal.
 
 

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