Forum zu Mommy

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87.5% Bewertung
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    Mutter Hilflos

    Anfangs ist man nur geschockt, wegen der heftigen Fäkalsprache und den vielen F-Wörtchen. Dann ist man gepackt, weil man in den Sog der Handlung so hineingezogen wird, dass sie einen bis zum Schluss nicht mehr loslässt. Regisseur Dolan schreit einem förmlich die Action und die Dialoge so heftig ins Zuschauergesicht, dass man sich manchmal wie bei einem Wirbelsturm schutzsuchend ducken möchte. Der Wunderknabe aus Kanada hat uns ein Mutter-Sohn Drama beschert, das mit ungeheurer Wucht auf die Zuschauer einschlägt. Der Star ist der junge Steve (Antoine-Olivier Pilon), der die Aggressivität in Persona ist. Gefährlich, weil der Vulkan in ihm jederzeit zum Ausbruch kommen kann. Seine alleinerziehende Mutter Diane (Anne Dorval) ist Ursache und Leittragende zugleich, aber das kriegt sie so nicht ganz mit. Erst die letzte Szene verdeutlicht durch ein Seelenfoto ihren inneren Zustand, nachdem alle sie verlassen haben. Dass es auch anders geht, zeigt die Nachbarin Kyla (Suzanne Clément). Die stotternde Lehrerin tut etwas, was Mutter Diane nie geschafft hat: sie setzt dem Jungen Grenzen und findet doch einen angemessenen Zugang zu Steve. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn mäandert zwischen Inzest und Krücke. Mutter kann nicht loslassen, sieht aber die Notwendigkeit, ihrem Sohn helfen zu müssen. Aber es gelingt ihr nie, das richtige zu tun. Steve ist ja keineswegs dumm. Er erkennt z.B. sofort, dass der benachbarte Rechtanwalt ihnen nicht helfen, sondern nur die Mutter flachlegen will.
    Der Film verfolgt einen wegen seiner Intensität noch lange nach dem Abspann, wenn man Zeit hat durchzuschnaufen und das Geschehen einzuordnen.
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    25.03.2015
    11:14 Uhr
  • Bewertung

    Sehenswertes von Xavier Dolan

    Als großer Xavier Dolan Skeptiker, wurde ich fast widerwillig in eine Vorstellung von Mommy geschleppt und muss zugeben, ich habe 140 berührende Minuten erlebt.
    Typisch für Dolan, behandelt der Film keine einfache Thematik und trotzdem steuert das kanadische white trash-Setting eine gewisse Leichtigkeit bei. Was ein deprimierender Film über eine überforderte Mutter und ihren psychisch kranken und gewalttätigen Sohn hätte werden können, wird fast zu einer hoffnungsvollen Geschichte über mütterliche Liebe und Freundschaft.
    Genauso typisch für Dolan ist, dass er versucht, die sinnlichen Reize der Zuschauer zu strapazieren, was ihm zwar gelingt, aber nicht immer zur Freude des Zuschauers. An das unübliche Format gewöhnt man sich schnell. An die Tatsache, dass in vielen Szenen zwei Radios gleichzeitig laufen eher weniger.
    Negativ aufgefallen ist mir lediglich der Soundtrack, der klingt wie eine schlecht zusammengewürfelte Sonntagnachmittags-playlist eines mainstream Radiosenders.
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    14.12.2014
    19:24 Uhr