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    Düsteres Gefühlschaos

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2014
    Regisseurin Josephine Decker ist dieses Jahr mit gleich zwei Filmen im Forum der Berlinale vertreten. Noch faszinierender ist der Umstand, dass es sich wie bereits bei „Thou Wast Mild and Lovely“ auch bei diesem Film um eine Weltpremiere handelt. In „Butter on the Latch“ geht es um die Freundinnen Sarah und Isolde, die an einem spirituellen Folklore-Camp im Wald teilnehmen, das die Erkundung der eigenen Seele und auch die Verbindung zu alten Geistern und osteuropäischen Traditionen zum Inhalt hat. Doch langsam wird Sarah immer mehr von düsteren Visionen, dunklen Gefühlen und mythischen Träumen heimgesucht.

    Dabei spielt die Verbindung von sexueller Lust, der Natur und dem Menschen ebenso eine große Rolle, wie die Verbindung von Schönheit und Gewalt. Und somit verschmelzen die Individuen im Laufe der spirituell angehauchten Geschichte immer mehr mit dem Wald (oder vielleicht sogar mit bösen Waldgeistern). Die extrem geringe Tiefenschärfe, die Körper in kaum mehr von Bäumen unterscheidbare Silhouetten transformieren kann, unterstreicht diese Verwirrungen. Lange, ruhige Einstellungen und experimentelle/ avantgardistische Sequenzen gehen ebenso ineinander über, wie Realität, Träume und Mythen. Und wie bereits bei „Thou Wast Mild and Lovely“ liebt es die Regisseurin auch hier, mit dem Publikum ein Katz und Maus-Spiel zu veranstalten und Handlungen außerhalb des Bildes anzusiedeln. Der Film ist dabei so schwer greifbar, wie feiner Sand, der einem sofort wieder durch die Finger rieselt, sobald man seine Hand nach ihm ausstreckt. Oder ein Traum, der sofort wieder verschwindet, sobald man sich an ihn erinnern möchte. Dafür öffnet er allerdings auch einen großen Interpretationsspielraum, sodass die Zuseher selbst die Geschichte gedanklich weiter spinnen können.

    Eines kann man bereits nach den beiden geheimnisvollen Debütspielfilmen von Josephine Decker auf der Berlinale sagen: Die Regisseurin zeichnet sich durch einen faszinierend eigenwilligen Stil aus, der bestimmt nicht jedermanns Sache ist. Es handelt sich um Charakterstudien, die nichts von den Charakteren Preis geben, aber dennoch aussagekräftig sind. Unterstrichen wird das ganze durch einen durch Unschärfe und andere oft schlagartig wechselnde visuelle Stilmittel hervorgerufenen Bilderrausch, der das Publikum in seinen Bann ziehen kann. Somit wird Josephine Decker wohl bereits in kurzer Zeit zu den ganz großen des amerikanischen Independentkinos gehören.
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    08.02.2014
    23:31 Uhr