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    Türkei heute

    Das Markenzeichen von Nuri Bilge Ceylan sind lange, wortlose Einstellungen. Darauf muss man sich einstellen. Dabei helfen einem aber die wunderschönen Bilder, auch wenn hier ein Großteil der Handlung sich nachts abspielt.
    Diesmal geht er noch einen Schritt weiter. Es beginnt mit einer völlig unklaren Ausgangssituation: fünf Männer in einem fahrenden Auto. Nach und nach erfahren wir, worum es hier geht. Und da wird gleich ein Gegensatz zwischen den Gesprächen und dem Zweck der Fahrt deutlich. Da schwingt Komik mit und auch leichte Spannung kommt auf, weil man neugierig wird. Ein mutmaßlicher Mörder hat versprochen die Polizei zum Fundort der Leiche führen. Doch jetzt kann er sich nicht mehr erinnern.
    Der ganze Tross aus Kommissar, Staatanwaltschaft und einem Arzt verfranzt sich in der Pampa. Ihnen geht es eigentlich um persönliche Probleme. Der Gefangene führt sie alle an der Nase herum. Auch vermöbeln hilft nicht. Geschichten werden erzählt (siehe Titel!). Eine handelt vom Selbstmord einer Frau. Man muss in einem Dorf Rast machen. Das erste Highlight in diesem reinen Männerfilm ist der Auftritt der schönen Tochter Cemile (Cansu Demirci) des Ortsvorstehers. Sie reicht Tee. Schweigen! Die Männer glotzen, staunen, säfteln. Wechsel von der Komik zum Ernst des Lebens. Wie ein Roter Faden zieht sich eine Geschichte vom Suizid einer Frau durch die Handlung. Der Gerichtsmediziner fragt immer weiter nach. Man ahnt wer es sein könnte. Regisseur Ceylan hat ein Kaleidoskop geschaffen, dessen Facetten teilweise an den ‘Zerbrochenen Krug‘ und dem Braven Soldaten Schwejk‘ erinnern. Darüber hinaus kämpfen viele mit der modernen Technik und völlig unbehelligt davon mit eigenen Problemen. Die Aufklärung des Verbrechens ist eigentlich Nebensache. Es entsteht auch ein Bild der ländlichen Türkei Anfang des 21. Jahrhunderts.
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    22.05.2014
    21:48 Uhr