Forum zu Sparschwein

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    Ohne Geld, dafür mit Witz, Innovation, Politisierung und Privilegen

    Auch wenn man das Schwein als Tier als ziemlich ruhig einstufen würde, so wirkt der Film „Sparschwein“ wild. Dieser lässt sich nämlich nicht eindeutig festlegen. Ist er eine Dokumentation, ein Experimentalfilm oder doch ein Spielfilm? Selbst benennt er sich als eine Mockumentary (eine Dokumentation, deren Elemente manchmal erfunden sind) und vermutlich ist das auch die beste Beschreibung.

    Der (eher erfolglose) Filmemacher Christoph Schwarz steht vor seinem 30. Geburtstag. Zwar hat er Frau und Kinder, aber mit dem fortgeschrittenen Alter macht sich das Gefühl breit, nichts erreicht zu haben - weder privat noch beruflich. Die vermeintliche Rettung kommt in einem Angebot des österreichischen Fernsehens daher: Mehrere Filmschaffende werden angefragt, sich bei einem eigens geleiteten Selbstexperiment zum Themenkomplex Klimaprotest filmisch zu begleiten. Schwarz kommt dadurch die Idee, ein Jahr auf Geld zu verzichten. Kapitalismuskritisch kann er sich damit sowohl selbst inszenieren, als auch das eigentliche Produktionsgeld für den Erwerb eines eigenen Hauses im Waldviertel zu nutzen.

    Wo genau verläuft die Grenze zwischen Wahrheit und Fiktionalisierung? Diese Frage stellt sich die Gattung der Dokufiktion und bietet oftmals keine eindeutige Antwort darauf. So auch „Sparschwein“. Allein das Konzept des Films strotz schon so vor Selbstreflexivität und Meta-Kommentaren. In einem (vermeintlichen) Voice Over leitet Christoph Schwarz seine einjährige Reise ohne Geld an und beweist in der Kombination der Abfolge der Bilder jede Menge Humor mit Ironie, Widersprüchen und satirischen Anmerkungen. Und zugleich vernachlässigt er nicht die hochpolitischen Themen. Es ist durchaus bemerkenswert, in was für einer Sensibilität und gleichermaßen provokativen Haltung der gegenwärtige Diskurs rundum Klimaaktivismus, Umweltverschmutzung, Essensverschwendung, Kapitalismuskritik und Geldversessenheit abgebildet wird. Sicherlich ist Schwarz' Perspektive privilegierten Ursprungs (da er sich immer auf ein finanzielles Federbett von Familie und Bekannten verlassen kann), aber selbst das thematisiert er und stellt die Ungleichheiten in der Bevölkerung aus. An Reizüberflutung wird sich nicht zurückgehalten - da mag der Übereifer an Ideen auch überfordern und Verwirrung stiften, aber umso rentabler erscheint eine wiederholte Sichtung des Films. „Sparschwein“ schafft es in seinem hohen Tempo zu begeistern und beweist, wie sehr eine Frische trotz geringem Budget möglich ist, wenn man eben solch eine Kreativität an den Tag legt.
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    30.04.2024
    18:44 Uhr