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    Bleh Witch

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Was haben Erdlöcher, ein exzentrischer südafrikanischer Regisseur, der Dreißigjährige Krieg und ein amerikanisches Tonstudio gemeinsam? Vermeintlich wenig, doch wenn man sich Johannes Grenzfurthners neuestes Meta-Genre-Filmexperiment ansieht, so macht alles doch irgendwie Sinn.

    Der südafrikanische Arthouse-Regisseur Manus Oosthuizen und sein Kameramann Hetti Friesenbichler besuchen das amerikanische Echo Park Tonstudio um einen Audiokommentar für ihren neuen Film „Razzennest“ aufzunehmen und ein Interview mit der Indie-Filmkritikerin Babette Cruickshank zu führen. Dabei steht das Unterfangen unter einem schlechten Stern – der exzentrische Oosthuizen und die unsichere Babette geraten ständig aneinander, der österreichische Kameramann kämpft mit einem üblen Jetlag und als der Toningenieur vom Echo Park Studio Pat Kirkpatrick plötzlich attackiert wird, gerät die Situation komplett außer Kontrolle und düstere Gestalten mit einer schrecklichen Vergangenheit treten auf den Plan.

    Man darf sich hier keinen herkömmlichen Film erwarten, eher eine Art semi-visuelles Hörspiel bei dem die Bilder mal mehr, mal weniger unabhängig vom Dialog - der die eigentliche Handlung des Films darstellt - funktionieren. Dabei scheut der Film auch nicht die vierte Wand zu durchbrechen und je länger man dranbleibt, desto mehr erschließt sich der Hintergedanke des Films. Die Bild- und Tonschere verliert sich mal in den melancholisch-morbiden Bildern der österreichischen Pampa, mal reagiert sie direkt auf das Gesprochene Geschehen. Der Film im Film wird als Blair Witch ohne Hexe bezeichnet, als Aneinanderreihung düsterer Symboliken und Orte ohne Handlung. Erst die Dialoge geben den Bildern Sinn- und Unsinn.

    „Razzennest“ kann als filmisch-satirisches Experiment verstanden werden, als komödiantischer Meta-Regiekommentar trifft auf wahrgewordenen Horror. Das kann für den herkömmlichen Kinogänger aufgrund der lauten Dialoge und der Bild-Ton Dissonanz natürlich etwas anstrengend und herausfordernd sein, ist aber – sofern Aufmerksam - eine durchaus lohnenende und einzigartige Erfahrung und bleibt mit Sicherheit länger in Erinnerung.
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    02.04.2023
    19:27 Uhr
  • Bewertung

    Auf der Tonspur des Bösen

    Nach „Masking Threshold“ (der mich damals extrem positiv überrascht hat) das nächste filmische Experiment vom niederösterreichischen Künstler Johannes Grenzfurthner. Leider aber nicht ganz so überzeugend wie sein Vorgänger.

    Manus ist Filmemacher. Er präsentiert seine neue Arthouse-Doku „Razzennest“ über den 30-jährigen Krieg und die „Schwedenlöcher“ in Niederösterreich. Bei einem Interview mit der Kritikerin Babette in einem Tonstudio in L.A. passieren plötzlich seltsame Dinge…

    Zu sehen bekommen wir die Arthouse-Doku, eine Art Diashow von Aufnahmen aus der Region. Dahinter läuft der Audiokommentar von Manus und Babette. Alles was ihnen passiert bekommen wir nur zu hören, nicht aber zu sehen. Und das ist mitunter echt langweilig. Dadurch fühlt er sich auch um einiges länger an als er mit seinen 81min eigentlich ist. Es fällt sogar der Satz „Film ist ein visuelles Medium“ doch hier merkt man kaum was davon. Die Bilder sind manchmal vollkommen zusammenhangslos und nichtssagend. Das mag im Kontext des Films im Film Sinn machen, den eigentlichen zieht das dadurch aber runter.

    Das Projekt beginnt als Kommentar auf Filmindustrie und -journalismus und geht dann irgendwann in eine viel düsterere Richtung. Auch hier wird es ein bisschen Meta als sich der Regisseur anfangs noch über Folk Horror lustig macht und sich dann plötzlich selbst in einem wiederfindet. Verarbeitet werden nämlich Kriegsverbrechen während der Zeit der Schwedenkriege. Leider kommt bei mir nie wirklich ein Gefühl von Horror auf, weil a) die Hauptcharaktere absolut unsympathisch sind und b) ich nicht sehe was mit ihnen passiert. Man sagt zwar die Vorstellung ist viel schlimmer als was das Auge sieht und es mag auf jeden anders wirken, doch für mich war dies einer der seltenen Fälle, wo ich umgekehrt mehr davon gehabt hätte.

    Zugegeben „Masking Threshold“ war generell der erste Experimentalfilm der irgendwie für mich funktioniert hat, also „Razzennest“ hatte es bei mir an sich schon nicht leicht. Schlussendlich nicht ganz mein Fall, aber nichtdestotrotz durchaus empfehlenswert sich auf das Experiment einzulassen und die Vision zu würdigen.
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    02.04.2023
    19:23 Uhr