Neu im Kino
Neu im Kino: Woche 4

Neu im Kino: Woche 4

Spielberg/Zemeckis/Burton: Wenn Filmemacher zurück zu ihren Wurzeln kehren und/oder neue Wege beschreiten.
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von (Josko)
Die aktuelle Kinowoche lässt nicht nur einen, sondern mehrere Kracher auf das Kinopublikum los. Darunter, wie Steven Spielberg sich zum wiederholten Male eines historischen Themas annimmt, dies allerdings erstmals in Form eines Biopics macht. Oder Robert Zemeckis der seit „Cast Away“ endlich wieder einen Realfilm dreht, doch der Versuchung nicht widerstehen kann, dies mit digitalen Filmkameras zu tun. Sowie Tim Burton, der ein Spielfilm-„Remake“ eines eigenen Kurzfilms aus dem Jahre 1984 in gewohnter Stop-Motion-Technik dreht, dies allerdings in 3D umsetzt.
Dabei soll weiters auf keinen Fall der Gangster-Film von „Zombieland“-Regisseur Ruben Fleischer, das Regiedebüt von Dustin Hoffman im Alter von 75 Jahren, oder der Komödien-Kompilations-Film von Regisseuren von Filmen wie „Dumm und Dümmer“, „Der Kaufhaus Cop“, „Mr. Deeds“, „Rush Hour“, „Super“ oder „Zauberhafte Schwestern“ in Vergessenheit geraten!

Lincoln
Die Liste an Spielberg-Filmen, die sich mit der Aufarbeitung von Historie beschäftigen, ist lang. Ernsthaft machte dies der Regisseur des allerersten Blockbusters das letzte Mal im Jahre 2005 mit „München“ nach einem Drehbuch von Tony Kushner. Auch diesmal war wieder Kushner für das Drehbuch verantwortlich, adaptierte die Biographie Abraham Lincolns und fokussierte dabei die letzten Wochen und Monate des Lebens des neuen Gründervaters der USA.
Daniel Day-Lewis spielt Lincoln in diesem Film, in dem es um die Rechte der Schwarzen im Umbruch der Sklavenzeit der USA im Speziellen und um demokratische Prozesse im Allgemeinen geht.
Dass allerdings auch Lincoln nicht über alle Maße zu lobende Werte in der Sklaven-Thematik gehabt haben soll (Stichwort: Rücksiedlung), bleibt bei der Heroisierung natürlich auf der Strecke. Dabei bleibt es auch zu verzeihen, dass „Lincoln“ weniger zur gegenwärtigen Verarbeitung der US-amerikanischen Sklaverei-Thematik beitragen kann, als Tarantinos entfesselter „Django Unchained“.

Flight
Gänzliches Motion Capturing mag für Computerspiele ganz nützlich sein, doch um eine Geschichte glaubhaft auf die Leinwand zu bringen, braucht es entweder tatsächlich aufgenommene schauspielerische Leistungen oder eine Animation, die nicht unbedingt ausschauen will wie die Realität, sondern mit Herz und Leidenschaft etwas auf die Leinwand bringt, was ein Realfilm nicht könnte. Damit sei allerdings nicht der teilweise Einsatz von Motion Capturing – wie im „Herr der Ringe“-Komplex mit Gollum geschehen – gemeint, denn dies kann sehr wohl einen Mehrwert hervorrufen.
So bleibt zu hoffen, dass der Realfilm „Flight“ keine Ausnahme ist und Robert Zemeckis – nach den Filmen „Der Polarexpress“, „Beowulf“ und „Eine Weihnachtsgeschichte“ – in Zukunft vom ganzheitlichen Motion Capture-Einsatz absieht.
In „Flight“ geht es um den Fall des Frauenhelden und Piloten Whip Whitaker (Denzel Washington), der zwar den Absturz eines Linienflugzeugs heldenhaft verhindert, dabei allerdings alkoholisiert war…

Frankenweenie
Im neuen Stop-Motion-Abenteuer lässt Tim Burton auf formaler Ebene zwei Formate, die einerseits für technische Regression (Schwarzweiß) und andererseits für technische Innovation (3D) stehen, aufeinanderprallen.
Auf inhaltlicher Ebene holt Victor Frankenstein seinen Hund Sparky aus dem Totenreich zurück. Beides gepaart macht Burtons besten Film in den letzten Jahren für eine neue Generation an Gothic-Kids aus.

Gangster Squad
Hollywoods neues heißes Eisen Ruben Fleischer dreht einen Gangsterfilm situiert in Los Angeles 1949. Mit von der Partie sind Sean Penn und Josh Brolin sowie Ryan Gosling und Emma Stone. Dabei kann doch nichts Schlechtes rauskommen? Richtig!


Quartett
Der gar nicht an die Pension denkende Dustin Hoffman lässt seinen ersten Regiefilm in einer britischen Altersresidenz für klassische Musiker und Sänger spielen. Das Leben der Bewohner ändert sich schlagartig, als die ehemalige Opern-Diva Jean Horton (Maggie Smith) einzieht…

Movie 43
Lustig, aber auch chaotisch und teilweise unter der Gürtellinie präsentiert sich „Movie 43“, der zwar nicht von 43 Regisseuren gedreht wurde, aber von 12. Auch hier lässt sich der Cast mit Hugh Jackman, Kate Winslet, Naomi Watts, Seth MacFarlane und wie sie alle heißen sehen. Ebenso Jeremy Allen White (wunderbar als Lip in der US-Serie „Shameless“) reiht sich in die Riege der Hollywoodstars mit ein.

Sonstiges

In Wien, Tirol, Kärnten und der Steiermark startet der österreichische Dokumentarfilm „Indian Dreams“, der eine Zugfahrt quer durch Indien dokumentiert. Vorerst nur in der Bundeshauptstadt startet die Doku „Blank City“über die Filmszene im New York der 70er Jahre.
Der Autor
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Josko

Forum

  • Re: ansichtssache

    Mit den Massenmedien meine ich auch keineswegs nur "Filmzeitschriften" - Sondern auch Nachrichten, Artikel, etc. die auch von nicht Filmfans gesehen und gelesen werden. Und ich glaube deine "Ansicht" ist einer schiefen Optik unterlegen, denn meiner Ansicht nach, gibt es in Bezug auf "Django Unchained" ein klares Übergewicht an (auch gesellschaftspolitsch einzuordnenden) Beiträgen über die Sklaverei. Aber gut.

    Ja, er war nicht notwenig so "auszurasten" (wenn man sich ehrlich ist: so schlimm wars nun auch wieder nicht), aber es war eben ein einziges Interview. Gib auf YouTube (oder ist das auch nur Film"experten" zugänglich?) "tarantino+violence" ein, da findest bestimmt auch Interviews in denen er über Gewalt in Bezug auf "Django Unchained" spricht.

    Und wenn du von "denial" sprichst, dann sagst du ja etwas, dem du schon längst widersprochen hast, nämlich, dass bei Tarantinos "über-drüber" Gewaltdarstellungen wohl kaum Nachahmungstrieb geweckt wird.

    Wenn du den Film gesehen hast, was ich annehme, dann ist klar zu erkennen, dass das keine "white savior"-Geschichte ist. Das kann man ganz weit ausbreiten, dazu nur so viel, SPOILER (EIN): dass Django sogar nocheinmal festgenommen wird, dann wieder alleine freikommt und seine Frau befreit spricht schon einmal für seine schlussendliche Emanzipation, nicht? SPOILER (AUS).
    Vielmehr ist die Dr. King Schultz inspiriert von der Rolle des Mentors aus Italowestern. Dass, der Schüler ihn schließlich überflügelt, liegt auf der Hand...
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    28.01.2013, 19:31 Uhr
  • Re: absurd

    Es ist ja schön und gut das du _ein_ Interview auseinander klamüserst, aber nicht beantwortest, warum eine Verarbeitung der Sklavereithematik nicht stattfindet. Und um deinen "FAKT" aufzugreifen: allgemein (von Tageszeitungen über Fernsehen und in Internetmediem) wird in Bezug auf "Django Unchained" weitaus mehr über die Sklaverei-Thematik berichtet, als über das leidige "Gewalt in Medien"-Thema.

    Aber um nochmal auf das eine Interview zurückzukommen. Ich hab jetzt kürzlich nochmal reingeschaut. Wie gesagt: vor allem das Verkaufsshow-Argument von Tarantino ist schlichtweg unglücklich. Der Interviewer aber ist weder Afro- (anhand seines Aussehens stammt er eher aus der "arabischen Welt", who knows), noch -amerikaner (anhand seiner Aussprache ist er eindeutig ein Brite).
    Wie auch immer, es ist ein einziges Interview aus einer Pressetour, die tausende Interviews beinhaltet. War er das eine Mal nunmal schlecht drauf, mein Gott.
    Was heißt "alte, längst vergessene oder nie gesehene interviews". Ich kann dir aus dem Stehgreif sagen was seine Meinung ist. Rund um diesen Film beantwortet er die Frage bereits in anderen Interviews und rund um alle seine anderen Filme (vor allem Kill Bill) eben auch. Seine Meinung ist eben dass fiktionale Gewalt nicht die reale beeinflusst. Und diese Meinung darf man heutzutage wohl noch haben... Da machen aktuelle Amokläufe das Thema nicht aktueller, wenn man darin keine Verbindung sieht.
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    28.01.2013, 09:42 Uhr
    • ansichtssache

      ich beziehe mich auf nachrichten, kommentare bis hin zu _politischen_ auseinandersetzungen in der US-gesellschaft, ich beziehe mich _nicht_ auf filmzeitschriften.

      was die alten interviews betrifft: du als film-"experte" und offensichtlicher tarantino-fan kannst dich wohl kaum mit dem durchschnittlichen nachrichtenzuseher vergleichen. du wirst dem interviewer also die fragen gestatten müssen, die ihm wichtig erscheinen.

      ich kann dir auch aus dem stegreif sagen, was die offizielle meinung der filmschaffenden ist (erst kürzlich in einem statement kund getan) - in einem wort zusammen gefasst: "denial".
      dennoch: wenn man keinerlei (?) verbindung zwischen gewalt in medien und in der wirklichkeit sieht, kann man das sagen, in wenigen worten. anstatt derart unpassend auszurasten (es war zwar kein "afroamerikaner" im interview, tut mir leid, aber doch wohl ein "farbiger"). für dich ist das "unglücklich" und "mein gott", für mich "absurd" (die wortwahl darf wohl mir überlassen bleiben!).

      BTW: wenn tarantino mit seinem "southern" der filmgeschichte endlich einen schwarzen helden (urahn von shaft) bescheren wollte - warum musste er dazu erst von einem weißen dazu gemacht werden...? da war der affe aus "prevolution" noch emanzipierter.
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      28.01.2013, 18:43 Uhr
  • Filmplakate

    Diese Woche starten übrigens gleich zwei Film („Flight“ und „Blank City“) die die gleiche Titelschrift werdenen: Eurostyle. Wäre nichts ungewähnliches, bei einer Helvetica, Arial oder Trajan ... aber die Eurostyle kommt dann sonst doch nicht ganz so oft vor ;)
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    26.01.2013, 08:46 Uhr
  • Gewalt in Medien

    Ich persönlich fand das Interview auch etwas unglücklich, aber:
    1. Spricht ein Film grundsätzlich für sich selbst und nicht durch Interviews des Regisseurs.
    2. Gibt es rund um "Django Unchained" genügend Interviews von Tarantino, wo dieser "politisch-soziale" Fragen ernst nimmt und diese auch beantwortet. (Und da geht es um weitaus größere Zusammenhänge als um political correctness, die ja scheinbar beim "Ich bin nicht ihr Sklave"-Sager gefehlt hat)
    3. Eine Verweigerungshaltung, die an Absurdität nicht zu überbieten ist, trifft leider auch auf deine Aussage zu. Denn in Bezug auf "Django Unchained" eine pseudowissenschaftliche Auseinandersetzung über Gewalt in Medien über die Sklaverei-Thematik zu stellen ist, wie ich finde, schon abstrus.
    4. Seit nunmehr Jahrzehnten wird probiert, Gewalt in der Wirklichkeit fiktionalen Medien (Buch, Musik, Film, Computerspiel,...) in die Schuhe zu schieben, anstatt sich mit den tatsächlichen Ursachen zu beschäftigen. Tragisch genug, dass Amokläufe stattfinden - doch dies macht die Beschuldigungen nicht richtiger.
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    26.01.2013, 04:03 Uhr
    • absurd

      1. tarantino war dort, "um seinen film zu verkaufen" - seine eigenen worte. angesichts der öffentlichen debatte um dieses thema (inklusive offiziellen gesprächen zwischen vizepräsident biden und filmschaffenden) waren diesbezügliche fragen zu erwarten.
      2. darauf hat er auch hingewiesen; fragen sind allerdings dann zu beantworten, wann sie gestellt werden und wann sie die öffentlichkeit interessieren - ein hinweis auf alte, längst vergessene oder nie gesehene interviews ist schlicht... sagen wir mal: unzureichend.
      3. mir ist nicht ganz klar, durch welche meiner äußerungen ich die diskussion über gewalt in den medien "über die sklaverei-thematik gestellt" haben, oder vielleicht sogar diesen anschuldigungen lauthals zugestimmt haben soll. FAKT ist aber, dass tarantinos kalkül, die sklaverei-thematik in die öffentliche diskussion zu bringen, durch die aktuelle lage gründlich schief gelaufen ist.
      4. gewalt in den medien 1:1 auf die wirklichkeit zu übertragen greift _immer_ zu kurz; und gerade tarantinos zuweilen lustvoll zelebrierte gewaltdarstellungen sind so über-drüber, dass bei einem durchschnittlichen publikum wohl kaum der nachahmungstrieb geweckt wird. dennoch, als zufällig gerade greifbarer ansprechpartner hat er sich diesen fragen zu stellen. auch in einer verkaufsshow.

      eine "gegenwärtige verarbeitung der US-amerikanischen sklaverei-thematik" findet jedoch nicht statt.
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      27.01.2013, 21:15 Uhr
  • sklaverei-thematik

    tarantino hat weniger eine "gegenwärtige verarbeitung" der sklaverei-thematik losgetreten (na gut, spike lee will sich seinen film "nicht anschauen"), als vielmehr eine wilde diskussion um gewalt in den medien und ihre auswirkungen auf die gesellschaft - man denke an die jüngsten amokläufe in sandy hook und danach; leider gottes mit einer verweigerungshaltung, die an absurdität nicht zu überbieten ist: "ich werde ihre fragen nicht beantworten, ich bin nicht ihr sklave und sie nicht mein meister (der interviewer war ein afroamerikaner!)... ich bin hier um meinen film zu verkaufen." so viel zu tarantinos politisch-sozialem interesse.
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    25.01.2013, 18:06 Uhr