Girl You Know It's True
Vom Vorbild einer ganzen Generation zur Lachnummer der Musikwelt – und das quasi über Nacht. Ende der Achtziger verwandelte Erfolgsproduzent Frank Farian (auf dessen Kappe u.a. auch die Musik von „Boney M“ geht) zwei junge, attraktive Tänzer zu Goldeseln der turbokapitalistischen Popindustrie. Unter dem wenig geistreichen Bandnamen „Milli Vanilli“ verkauften Fab Morvan und Rob Pilatus mehr als 10 Millionen Platten weltweit – die Hitsingle „Girl You Know It’s True“ erreichte in 23 Ländern die Sperrspitze der Hitparade. So hastig der Traum aber auch gelebt wurde, so rasch nahm er auch ein vorzeitiges Ende.Als 1990 bekannt wird, dass kein einziger ihrer Songs selbstgesungen wurde, bei Auftritten stets ein Playback zum Einsatz gekommen war, werden die visuellen Repräsentanten des Erfolgsduos medial zu Buhmännern erklärt. Eine tragische Hetzkampagne, die einem der zwei das Leben kostete. Heute weiß man, dass Fab und Rob viel Unrecht getan wurde – die Aktion sei ja auf den Mist von Produzent Farian gewachsen. Wie es aber damals wirklich zuging, das versucht nun Regisseur Simon Verhoeben in Form eines Biopics zu ergründen. „Girl You Know It’s True“ erzählt die Geschichte vom Aufstieg und Fall der Band dramaturgisch aufgemotzt nach. Jede Perspektive soll zu Wort kommen – Studiomenschen, Musiker*innen, die hauptbetroffenen Konfliktparteien. Die Newcomer Elan Ben Ali und Tijan Njie verkörpern Fab und Rob, Matthias Schweighöfer gibt den Frank Farian – samt krausigem Blondschopf und selbstüberzeugtem Auftreten. Ein musikalisch aufgeladener Blick in die Vergangenheit, der im Fall „Milli Vanilli“ geläufige Täter- und Opfernarrative zurechtzurücken versucht.
Perfect Days
Wim Wenders hat immer schon gerne den Fokus auf gesellschaftliche Außenseiter gerichtet - wortkarge Protagonisten, in deren Inneren sich tiefe Trauer angestaut hat. Für seinen neuesten Spielfilm hat es den deutschen Autorenfilmer, vor allem bekannt für die prägenden Arthouse-Meilensteine „Paris, Texas“ und „Der Himmel über Berlin“, erstmals nach Japan verschlagen.Mitten im Großstadtgemenge von Tokio arbeitet Hirayama (Koji Yakusho) als Toilettenreiniger. In der beruflichen Alltagsmonotonie fühlt sich der alternde Kloputzer seltsam heimelig, genießt sein einfaches Leben in stillen Zügen – ganz wahrhaftig. Neben Abflüssen und Rohrkrepieren regiert die Kunst seinen Alltag, allen voran alte, amerikanische Musikkassetten und Bücher haben es ihm angetan. Als jedoch Personen aus der Vergangenheit in sein Leben wiederkehren, bekommt sein wohlstrukturierter Alltag leichte Risse. Dem wunderbar bebilderten und gespielten Film bringt das aber keineswegs aus der Ruhe. Der womöglich beste Wenders-Film seit Jahrzehnten – nicht umsonst mit zahlreichen Vorschusslorbeeren bedacht. Ein cineastischer Hochgenuss, der aus Kleinem Großes schöpft.